[00:00:02] Hannah Frey Wenn ich mir am Anfang dieser Clean Eating-Reise gesagt hätte, ich darf jetzt nie wieder Kuchen essen, dann hätte ich ja keine Woche durchgehalten.
[00:00:12] Intro Ideen für ein besseres Leben haben wir alle. Aber wie setzen wir sie im Alltag um? In diesem Podcast treffen wir jede Woche Menschen, die uns verraten, wie es klappen kann. Willkommen zu Smarter leben. Ich bin Lenne Kaffka und heute skype ich mit Hannah.
[00:00:30] Hannah Frey Hi, mein Name ist Hannah Frey und ich ernähre mich seit 2011 nach dem Clean Eating-Konzept.
[00:00:36] Anmoderation Eine Pizza vom Lieferservice oder Süßes - sowas isst Hannah genauso gern wie die meisten Menschen. Aber sie greift nur noch in Ausnahmefällen zu. Denn Hannah verzichtet größtenteils auf industriell verarbeitete Lebensmittel. Sie schreibt Bücher übers Clean Eating und auch einen Blog. Und als Gesundheitswissenschaftler weiß sie genau, welche Nahrungsmittel die wichtigsten Nährstoffe enthalten, aber auch, warum es gefährlich sein könnte, das Thema zu dogmatisch anzugehen.
[00:01:02] Lenne Kaffka Hallo Hannah, seit neun Jahren ernährst du dich jetzt nach dem Clean Eating-Prinzip. Erkläre doch mal in deinen Worten, was das überhaupt ist.
[00:01:08] Hannah Frey Das mache ich sehr gerne. Das Clean Eating-Konzept ist im Prinzip eine moderne Form der Vollwertkost oder Vollwerternährung. Und Clean Eating bedeutet im Prinzip aber nur, dass man sich sehr natürlich ernährt, also dass man keine Convenience Produkte ist, dass man auf Zusatzstoffe verzichtet, die oft in industriell hergestellten Nahrungsmitteln vorkommen, und dass man beispielsweise auf Auszugsmehl wie normales Weizenmehl verzichtet, auf raffinierten Zucker und auf solche Sachen. Es ist eine sehr natürliche Ernährung und sehr unverarbeitet.
[00:01:42] Lenne Kaffka Du hast jetzt gerade gesagt, moderne Form der Vollwertkost. Was ist denn unmoderne Vollwertkost?
[00:01:47] Hannah Frey Diese Vollwertkost der 80er Jahre - ich glaube, in den 70er, 80er Jahren war es modern, sich vollwertig zu ernähren - und für mich ist das so eine sehr angestaubte Ernährungsform mit sehr unmodernen Rezepten. Also, ich habe von meiner Mutter vor einigen Jahren ein paar Vollwert-Bücher bekommen, und die Rezepte haben mich überhaupt nicht angesprochen. Ich fand das Prinzip sehr interessant, die vollwertige Ernährung. Aber die Rezepte, die in diesen Büchern waren, haben mich überhaupt nicht angesprochen. Und deshalb sage ich moderne Form. Das war früher so eine sehr schwere Kost, fand ich. Sehr viele Vollkornmehl, sehr viele Nüsse, und das war irgendwie überhaupt nicht sexy und hat mich deshalb gar nicht angesprochen.
[00:02:35] Lenne Kaffka Du hast jetzt schon sehr viel gesagt, was du nicht isst und was du nicht magst. Was isst du denn? Woraus besteht denn deine moderne, sexy Art der Vollwertkost?
[00:02:43] Hannah Frey Ich esse natürlich ganz viel Obst und Gemüse, viele Kräuter. Ich mag zum Beispiel Sprossen sehr gerne. Ich esse auch Hülsenfrüchte und Vollkorn, Getreide, aber eben nicht so viel, wie es früher der Fall war. Ich hatte zumindest den Eindruck in diesen Büchern, dass es ebenso sehr schwer war. Ich selbst ernähre mich vegetarisch, aber beim Clean Eating kann man auch Fisch und Fleisch essen. Das kann man echt auf seine eigenen Bedürfnisse anpassen. Es ist ein sehr flexibles Konzept, was ich auch sehr daran mag. Man kann das an verschiedene Nahrungsmittelintoleranzen anpassen.
[00:03:19] Lenne Kaffka Du sagst jetzt schon selber, das ist ein sehr flexibles Konzept. Ich hab mich durch mehrere Ratgeber geblättert, auf mehreren Blogs umgeschaut. Das sieht tatsächlich so aus, als ob sich jeder seine eigenen Regeln macht. Aber gibt's da auch ein verbindendes Element? Irgendwas, was allgemein gültig ist und sozusagen festlegt, das muss man machen, wenn es Clean Eating sein soll?
[00:03:39] Hannah Frey Ja, es sollte so unverarbeitet wie möglich sein. Das heißt, du kaufst echte Lebensmittel, also du kaufst nur Obst, Gemüse, Hülsenfrüchte beispielsweise. Du kannst auch Milchprodukte verwenden, aber eben keine industriell hergestellten Nahrungsmittel oder industriell verarbeitete Nahrungsmittel. Natürlich, Käse zum Beispiel zählt auch dazu. Wenn du dich vegan ernährst und zum Beispiel Mandeldrinks kaufst oder andere Nussdrinks, dann ist das zwar industriell verarbeitet, aber die Zutaten sind trotzdem clean. Also darauf achte ich, dass eben keine Zusatzstoffe wie Zucker enthalten sind, dass keine E-Stoffe enthalten sind.
[00:04:19] Lenne Kaffka Beinhaltet Clean Eating eigentlich auch Clean Drinking?
[00:04:23] Hannah Frey Ja, klar, natürlich. Ich trinke keine Softdrinks, beispielsweise, Alkohol, wenn du darauf anspielst, das trinke ich ab und zu aber auch in Maßen.
[00:04:34] Lenne Kaffka Was hat dich letztendlich dazu bewegt, dich fürs Clean Eating zu entscheiden? Gab es da irgendeinen Auslöser von neun Jahren?
[00:04:41] Hannah Frey Ja, das war so, dass meine Eltern schon immer sehr darauf geachtet haben, dass wir uns zu Hause gesund ernährt haben. Und als ich von zu Hause ausgezogen bin fürs Studium, habe ich mich erst erstmal ganz gegensätzlich ernährt. Da habe ich erst erstmal alles gemacht, was es zu Hause nicht gab, oder alles gegessen, was zu Hause nicht gab, und hab mich sehr ungesund ernährt. Ich habe eben viele Fertigprodukte gegessen. Ich habe oft in der Mensa gegessen, und das Essen dort war auch nicht gerade gesund. Dann war der Auslöser für mich, dass ich mich dann plötzlich überhaupt nicht mehr fit gefühlt habe. Ich habe während der Vorlesungen während meiner Studienzeit wirklich gemerkt, wie mein Energielevel gesunken ist. Ich habe mich plötzlich total schlapp gefühlt. Ich hatte plötzlich so ein richtiges Mittagstief, weil ich in dieser Zeit viel ungesünder gegessen habe als früher. Und dann habe ich angefangen, erst einmal Diäten zu machen, was ja viele junge Frauen machen. Ich habe Kalorien gezählt und hab da alles Mögliche ausprobiert. Aber das hat für mich nicht zu einem gewünschten Ergebnis geführt. Und dann hab ich angefangen, einfach nach einer Ernährungsweise zu schauen, die ich dauerhaft in meinem Alltag umsetzen kann und die auch gesund ist. Und so bin ich dann erst bei der Vollwertkost gelandet und habe dann geschaut, was gibt's dazu eigentlich im Internet für Informationen. Man kann das heute ja gar nicht mehr so richtig glauben. Aber damals, als ich mit dem Thema angefangen habe, also 2011, da gab es dazu im Internet überhaupt nicht viele Informationen. Ich habe im deutschsprachigen Raum so gut wie gar nichts dazu gefunden und bin dann eben auf amerikanischen Seiten auf das Thema Clean Eating gestoßen. Und deshalb bin ich dann letzten Endes auch bei diesem Begriff geblieben.
[00:06:19] Lenne Kaffka Wenn ich jetzt auch ab nächster Woche damit anfangen will, wie sollte ich dann vorgehen? Womit fängt man am besten an?
[00:06:25] Hannah Frey Ich rate immer als erstes einfach mal zu schauen, was man alles vorrätig hat. Also einfach mal wirklich den Kühlschrank durchschauen, die Vorratsschränke und dann wirklich jede Verpackung, die man da hat, mal umzudrehen und zu schauen: Was steht eigentlich alles auf der Zutatenliste? Oft ist es wirklich so, dass ganz viele Zutaten drin sind, wo man überhaupt nicht weiß, was sich dahinter versteckt, und dass es dann eben nicht clean, sondern das sind dann eben industriell verarbeitete Nahrungsmittel, die dem Körper nicht gut tun und die beim Clean Eating gemieden werden.
[00:06:58] Lenne Kaffka Hast du dir damals, als du angefangen hast, dann auch irgendwie ganz neue Produkte gekauft, die du vorher nie verwendet hast?
[00:07:03] Hannah Frey Ja, ganz viele. Das muss man nicht - das sage ich direkt dazu. Aber ich habe das gemacht, weil ich da total viel Spaß dran habe. Wie gesagt, 2011, das war eine Zeit, da gab es auch diese ganzen Superfoods noch nicht. Das kam da so langsam.
[00:07:18] Lenne Kaffka Das sind dann so Chiasamen, Goji-Beeren, sowas...
[00:07:18] Hannah Frey Genau, diese ganzen Sachen. Und dann hab ich angefangen, die auch mal zu probieren. Inzwischen ernähre ich mich aber sehr saisonal und regional. Wenn ich meine Schränke jetzt so durchgucke, ist da nicht mehr viel Ungewöhnliches drin.
[00:07:33] Lenne Kaffka Gibt's denn so Vorräte, die man als Clean Eater, als Clean Eaterin auf jeden Fall zuhause haben sollte?
[00:07:38] Hannah Frey Ja, das auf jeden Fall. Ich habe viele Hülsenfrüchte zu Hause in meinen Vorratsschränken. Ich hab immer Haferflocken vorrätig. Ich esse gerne Hirse zum Beispiel. Quinoa gehört auch dazu, esse ich auch gerne. Ich habe viele Öle auch zu Hause, also verschiedene hochwertige Pflanzenöle, die gesunden Fette wie beispielsweise Olivenöl. Genau das sind so die Standardsachen, die ich vorrätig habe.
[00:08:02] Lenne Kaffka Ist jetzt auch irgendwas völlig tabu, was du geliebt hast?
[00:08:04] Hannah Frey Das hat sich geändert. Erst mal ist wichtig zu sagen, dass ich mir nichts verbiete. Sachen, die ich früher mochte, mag ich heute zum größten Teil gar nicht mehr, weil sie mir viel zu süß sind. Also, ich mochte früher zum Beispiel Oreo-Kekse, und die kann ich heute überhaupt nicht mehr essen, weil ich die viel zu süß finde. Ich esse schon ab und zu noch mal ein Stück Kuchen, weil ich Kuchen liebe. Und wenn ich mir am Anfang dieser Clean Eating-Reise gesagt hätte, ich darf jetzt nie wieder Kuchen essen, dann hätte ich ja keine Woche durchgehalten.
[00:08:39] Lenne Kaffka Wie oft gönnst du dirs solche Ausnahmen?
[00:08:40] Hannah Frey Kann ich gar nicht so sagen. Es ist unterschiedlich, kommt immer drauf an, was gerade los ist, was gerade ansteht. Wenn ein Geburtstag ansteht und da gibt's einen Kuchen, den ich gerne probieren möchte, dann mache ich das. Oder wenn ich mit einer Freundin im Café bin. Das ist ganz unterschiedlich.
[00:08:55] Lenne Kaffka Dann würde ich denken, fühlt es für dich auch nicht so an, als würdest du auf irgendwas verzichten musst.
[00:08:58] Hannah Frey Genau. Inzwischen gar nicht mehr. Das ist für mich ja einfach meine ganz normale Ernährung. Und genau, wenn ich irgendwas Bestimmtes essen möchte und Lust drauf habe und das nicht ins Konzept passt, dann esse ich das trotzdem. Ich bin da wirklich ganz entspannt.
[00:09:14] Lenne Kaffka Der Verzicht auf Fertigprodukte, die sind oft salziger sind fettiger, die sind süßer. Gibts noch weitere Dinge, die für dich gegen den Kauf von Fertigprodukten sprechen?
[00:09:24] Hannah Frey Für mich war vor allem entscheidend, wie es mir damit geht. Das ist für mich persönlich der Hauptgrund, weshalb ich die nicht mehr kaufe. Aber klar, natürlich gibt es da noch viele andere Gründe dafür, die Sachen nicht zu kaufen. Gerade wenn man sich mal so anguckt, wer die Produkte vertreibt und herstellt.
[00:09:42] Lenne Kaffka Es ist also auch eine ethische Frage, die da mit reinspielt.
[00:09:43] Hannah Frey Natürlich hat es auch ethische Aspekte.
[00:09:46] Lenne Kaffka Wenn wir jetzt mal an den Einkauf denken. Wenn ich jetzt so als Anfänger in den Laden gehe, wie bekomme ich dann am schnellsten heraus, ob ein Lebensmittel wirklich clean ist?
[00:09:56] Hannah Frey Beim Einkaufen solltest du darauf achten, dass du immer einen Blick auf die Zutatenliste wirfst. Und anhand der Zutatenliste kannst du dann eben erkennen, ob das Nahrungsmittel ins Clean Eating-Konzept passt oder nicht. Auf der einen Seite kannst du dir einfach die Zutaten durchlesen, und wenn sich irgendwas nach Chemiebaukasten anhört, dann passt das nicht ins Konzept oder wenn du überhaupt nicht weißt, was sich hinter dieser Zutat verbirgt. Ein anderer Faktor ist, dass du auf die Länge der Zutatenliste achten solltest.
[00:10:23] Lenne Kaffka Ich habe in einem Buch gelesen, das bis zu fünf Zutaten erlaubt sind. Warum denn genau fünf Zutaten?
[00:10:29] Hannah Frey Das ist einfach nur so eine Faustregel. Es können auch mal sechs oder sieben Zutaten sein. Aber je kürzer die Zutatenliste, desto weniger verarbeitet ist das Nahrungsmittel natürlich und desto eher passt es ins Clean Eating-Konzept.
[00:10:42] Lenne Kaffka Ich habe nämlich jetzt mal in meinen Kühlschrank geguckt, was genau fünf Zutaten hat, und ich habe ein Glas geröstete Paprika gefunden.
[00:10:48] Hannah Frey Das ist ja jetzt ein super Beispiel.
[00:10:51] Lenne Kaffka Und dann habe ich geschaut, was da drin ist: Geröstete Paprika, Branntwein, Essig, Zucker, Knoblauch und Salz. Fünf Zutaten. Andererseits, Zucker und Salz, wahrscheinlich nicht wirklich gut.
[00:11:05] Hannah Frey Das Salz würde ich jetzt gar nicht als so schlimm ansehen, aber der Zucker passt natürlich nicht. Es ist eine Faustformel oder Faustregel. Es gibt natürlich genug Beispiele, wo es dann nicht zutrifft. Aber gemeint ist damit einfach, dass die Zutatenliste nicht elendig lang sein sollte, weil das meistens ein Indikator dafür ist, dass Zutaten enthalten sind, die in dem Produkt nichts zu suchen haben oder die nicht ins Clean Eating-Konzept passen.
[00:11:30] Lenne Kaffka Ich habe in meinem Kühlschrank aber auch einen anderen Aha-Effekt gehabt. Ich habe ein Pesto gefunden, und ich dachte, okay, das ist jetzt wahrscheinlich industriell hergestellt, geht auf keinen Fall. Auch fünf Zutaten: Basilikum, natives Olivenöl, Zitronensaft, Pinienkerne, Meersalz. Das klingt doch eigentlich gut, oder?
[00:11:44] Hannah Frey Ja, genau das würde ins Clean Eating Konzept passen. Da musst du mir nur noch verraten, was für ein Pesto das ist. Ich bin nämlich vor kurzem auch einmal durch das Pesto- Regal gelaufen, und ich habe wirklich kein Pesto gefunden, das ins Konzept passt. Ich brauchte ein schnelles Pesto und habe nichts gefunden. Dann habe ich es doch selber gemacht.
[00:12:07] Lenne Kaffka Ein Bio-Pesto aus dem Drogieriemarkt.
[00:12:07] Hannah Frey Dann muss ich da mal nachgucken.
[00:12:09] Lenne Kaffka Wie ist das eigentlich? Sind denn Zusatzstoffe deiner Meinung nach eigentlich generell schlecht?
[00:12:13] Hannah Frey Es gibt auch Zusatzstoffe, die in Ordnung sind. Also auch hinter den E-Stoffen verbergen sich teilweise Stoffe, die nicht schlimm sind. Aber ich persönlich denke mir trotzdem immer, es gehört da einfach nicht rein. Selbst wenn es zur Haltbarmachung ist, dann brauche ich das ja nicht.
[00:12:31] Lenne Kaffka Manchmal ist es ja auch so, dass Produkte auf den ersten Blick gesund aussehen, clean aussehen und es steht da drauf, ohne künstliche Aromen. Wie kann man denn sowas enttarnen, dass die Hersteller einen eigentlich austricksen wollen?
[00:12:41] Hannah Frey Ja, das ist tatsächlich sehr oft so! Ich bin da auch immer wieder erschrocken und kann da wirklich nur raten, immer einen Blick auf die Zutatenliste zu werfen, weil die wirklich verrät, was in den Produkten ist. Und ich lasse mich nicht von diesen Werbeaussagen blenden, weil ich ja natürlich weiß, dass das oftmals nicht stimmt. Ja, das ist im Prinzip der einzige Weg, um herauszufinden, was wirklich drin ist.
[00:13:04] Lenne Kaffka Wo kaufst du denn deine Lebensmittel ein?
[00:13:05] Lenne Kaffka Ich habe alles vor der Tür, vom Bio-Supermarkt bis zum normalen Supermarkt bis zum Discounter, und kaufe tatsächlich auch überall ein. Bei mir ist es so, dass ich, weil ich ja beruflich Rezepte entwickele, sehr viel einkaufen muss und oft auch mal schnell noch irgendeine Zutat brauche. Deshalb kaufe ich überall ein. Aber ich versuche darauf zu achten, dass meine Lebensmittel Bio-Qualität haben. Das ist wichtig für mich. Und was ich auch immer mehr in den Fokus gerückt wird, ist das Thema plastikfrei Einkaufen. Da versuche ich darauf zu achten.
[00:13:36] Lenne Kaffka Würdest du sagen, dass deine Ernährung teurer geworden ist durch deine Entscheidung dich clean zu ernähren.
[00:13:42] Hannah Frey Das ist eine ganz spannende Frage, die mir auch von Lesern oft gestellt wird. Ich finde es nicht. Natürlich muss man am Anfang einfach neue Lebensmittel kaufen, die man wahrscheinlich nicht vorrätig hat, wenn man anfängt, seine Ernährung umzustellen. Aber ein für mich ganz entscheidender Faktor ist, dass diese Nahrungsmittel, die ich jetzt einkaufe, mich viel länger satt machen als das, was ich früher eingekauft habe, und dadurch esse ich auch viel weniger, als es früher der Fall war. Wenn man mal vergleicht natürliche Lebensmittel wie Obst, Gemüse, Hülsenfrüchte und so weiter mit Convenience Food, also mit Fertiggerichten. Im Gegensatz dazu sind Fertiggerichte viel teurer. Ich habe nie ganz genau Buch darüber geführt, aber vom Gefühl her hat sich nicht viel verändert.
[00:14:27] Lenne Kaffka Wie kommt es denn, dass sich dein Essen heute satter macht? Du kreiierst ja auch für deine Bücher eigene Rezepte. Worauf achtest du denn, wenn du deine Rezepte herstellst, was die Nährstoffe angeht?
[00:14:36] Hannah Frey Es kommt immer auf die Mahlzeit drauf an. Ich achte darauf, dass es lange sättigt. Gerade bei Frühstücks Rezepten ist mir das zum Beispiel sehr wichtig, dass die mich gut über den Vormittag bringt. Das heißt, ich verwende komplexe Kohlenhydrate wie beispielsweise Haferflocken. Ich achte darauf, dass immer Obst oder Gemüse enthalten ist und Proteine. Das ist das Hauptaugenmerk.
[00:14:57] Lenne Kaffka Du lebst ja nur zu 80 Prozent clean.
[00:14:59] Hannah Frey Ja, das ist so ungefähr. Also ich führe da kein Buch drüber. Das ist einfach so vom Bauchgefühl her, sind das so 80 Prozent, und zu 20 Prozent gibt es dann auch mal "Ausnahmen".
[00:15:09] Lenne Kaffka Wie kommen diese 20 Prozent zustande? Was isst du dann?
[00:15:12] Hannah Frey Wenn ich mal Alkohol trinke, dann würde ich das auch zu diesen Ausnahmen zählen. Oder wenn ich essen gehe, dann achte ich zum Beispiel auch nicht so sehr darauf. Ich schaue dann schon auf der Karte. Was ist für mich die beste Alternative? Ich frage zum Beispiel im Restaurant jetzt nicht nach, ob in der Soße Zucker ist oder ist das hier Convenience Food, was ihr mir auftischt. Das mache ich nicht. Ist ja im Restaurant auch oft so, dass gar nicht frisch gekocht wird.
[00:15:38] Lenne Kaffka Was spricht für dich dagegen, dass zu hundert Prozent durchzuziehen?
[00:15:41] Hannah Frey Das wäre mir zu anstrengend, weil ich dann nicht mehr auswärts essen könnte, ohne dass es mich in meiner Lebensqualität sehr einschränken würde, weil ich dann eben immer wieder nachfragen müsste. Also, ich koche schon sehr viel selber, aktuell natürlich sowieso. Aber sonst gehe ich auch auswärts essen, oder wenn ich mal irgendwo eingeladen bin, dann würde mich das sehr stören, wenn ich da nachfragen würde. Es gibt Leute, die das machen und die damit kein Problem haben. Aber für mich wäre das nichts. Das muss natürlich jeder für sich selber entscheiden. Aber, wie gesagt, mich würde das in meiner Lebensqualität einschränken. Und manche Sachen schmecken ja auch einfach gut. Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, so eine Pizza vom Lieferservice schmeckt mir nicht. Natürlich schmeckt das, und das gehört für mich dann auch einfach dazu, ab und an mal.
[00:16:31] Lenne Kaffka Und du hast gesagt, ab und zu gibt es auch mal ein Stück Kuchen. Bei deinen Rezepten sind ja auch ein paar süße Rezepte dabei, zum Beispiel auch Kuchenrezepte. Das ist mir aufgefallen dass du nicht normalen Industriezucker verwendest, sondern Kokosblütenzucker oder Rohrzucker. Was ist denn daran besser? Ist es letztendlich nicht einfach Zucker für unseren Körper?
[00:16:48] Hannah Frey Ja, genau das stimmt. Zucker ist Zucker, aber es sind gesündere Alternativen. Rohrzucker verwende ich zwar inzwischen nicht mehr, aber Kokosblütenzucker beispielsweise, wenn ich einen Kuchen backe und diese zuckrige Konsistenz brauche, also diesen körnigen Zucker. Ich habe nämlich sehr viel ausprobiert. Manchmal braucht man ihn einfach. Also ich habe ganz, ganz viel mit alternativen Süßungsmittel herumexperimentiert. Manchmal geht es einfach nicht anders. Hinzu kommt vor allem auch, dass es süß schmecken soll. Wenn wir Kuchen essen, dann wollen wir ja was Süßes haben, und dann brauchen wir halt irgendeinen Süßungsmittel. Ich verwende zwar oft auch Trockenfrüchte oder Obst zum Süßen. Letztenendes ist es natürlich auch Zucker. Kokosblütenzucker hat etwas mehr Mineralstoffe als der raffinierte Zucker. Er ist ein bisschen gesünder, und was dabei vor allem für mich entscheidend ist, ist, das Kokosblütenzucker den Blutzuckerspiegel nicht so stark ansteigen und wieder abfallen lässt. Deshalb verwende ich den.
[00:17:49] Lenne Kaffka Um dich clean zu ernähren, musst du wahrscheinlich viel mehr kochen als früher. Ist es nicht auch viel zeitaufwendiger, sich so zu ernähren?
[00:17:58] Hannah Frey Das stimmt auf jeden Fall. Ich koche fast alles selber. Mir macht das sehr viel Spaß. Aber tatsächlich verbringe ich gar nicht so viel Zeit in der Küche. Mal abgesehen davon, dass die Rezepteentwicklung mein Job ist. Aber wenn ich nicht gerade neue Rezepte entwickele, dann brauche ich für ein Hauptgericht maximal eine halbe Stunde. Und morgens das Frühstück zuzubereiten, das geht auch total schnell. Was ich mache, ist, dass ich mir das immer sehr gut plane. Ich mache mir einen Wochenplan, in den ich schreibe, welches Gericht ich wann essen möchte. Und ich mache es dann so, dass ich abends einfach eine größere Portion koche, die dann am nächsten Tag auch mein Mittagessen ist. Dadurch stehe ich eigentlich überhaupt nicht sehr lange in der Küche.
[00:18:41] Lenne Kaffka Aber das sind ja schon fünf bis sechs Mahlzeiten, und unter der Woche kann ich mir vorstellen, wenn man arbeitet, ist es durchaus schwerer. Ich meine, ich koche auch häufiger. Aber da ist auch schon mal ein Kantinenessen mit dabei. Du würdest sagen, gute Planung hilft.
[00:18:54] Hannah Frey Genau, gute Planung hilft auf jeden Fall. Und dann muss man das eben auch einfach zur Priorität machen. Also wenn es einem wichtig ist, dann findet man die Zeit dafür auch, denke ich immer. Wie gesagt, für mich ist dabei einfach entscheidend, ich weiß, dass es mir besser geht, wenn ich gesunde Lebensmittel esse, die ich selber gekocht habe. Und wenn ich weiß, was da drin steckt, dann geht es mir einfach dadurch viel besser. Ich fühle mich fitter, leistungsfähiger, als wenn ich irgendwas Ungesundes essen unterwegs.
[00:19:21] Lenne Kaffka Unterwegs stelle ich mir das manchmal auch gar nicht so leicht vor. Hast du da auch irgendwelche speziellen Cleanen Snacks, die immer gut gehen, wenn man gerade mal - keine Ahnung - in der Bahn ist, auf dem Weg zu einem Arbeitstreffen oder so?
[00:19:30] Hannah Frey Ich habe immer Nüsse dabei und Apfel, Banane. Also wirklich diese ganz einfachen Snacks.
[00:19:38] Lenne Kaffka Ganz klassische Basics, Nüsse und Früchte. Ist doch ein bisschen auch die alte Vollwertkost, oder?
[00:19:44] Hannah Frey Ja, aber doch irgendwie ein bisschen spannender. Es sind einfach die Rezepte, die heute moderner sind.
[00:19:53] Lenne Kaffka Beim Clean Eating spielt ja aber auch Achtsamkeit eine wichtige Rolle. Inwiefern ist denn das eigentlich so, dass du nicht nur darauf achtet, was du isst, sondern auch, wie du isst?
[00:20:03] Hannah Frey Ja, das ist auch ein ganz spannender Punkt. Achtsames Essen ist auch sehr wichtig. Im Alltag, muss ich zugeben, geht das bei mir auch manchmal unter. Aber ich versuche gerade morgens und abends mir wirklich Zeit zum Essen zu nehmen, nicht mit dem Handy nebenbei zu spielen, nicht vor dem Fernseher zu essen, einfach mich auf mein Essen zu konzentrieren und das wirklich zu genießen, das kann man lernen. Am Anfang ist mir das auch schwergefallen. Ich glaube, es geht vielen Menschen auch so, dass sie diese Stille gar nicht aushalten können, zumindest wenn sie alleine essen. Es ist total spannend, wenn man mal damit angefangen hat, wie sich auch das Bewusstsein verändert, so dass man dann wirklich die Geschmäcker auch nochmal intensiver wahrnimmt, dass man dadurch auch zur Ruhe kommt und vor allem auch, dass man das Essen noch einmal viel mehr wertschätzt. Dass man einfach wertschätzt, dass man sich selber Zeit für sich genommen hat, dass man sich Zeit genommen hat, seinen Essen selber zuzubereiten, und es dann genießt und zelebriert.
[00:21:11] Lenne Kaffka Weil es dann zu einer bewussten Auseinandersetzung mit dem Essen führt, oder?
[00:21:14] Hannah Frey Das auf jeden Fall.
[00:21:15] Lenne Kaffka Dein eigentlicher Beweggrund war ja gesünder zu essen, dass du dich fitter fühlen wolltest. Hast du denn auch irgendwelche körperlichen Veränderungen oder Auswirkungen gespürt?
[00:21:24] Hannah Frey Ja, total. Gerade dadurch, dass ich jetzt nur noch wenig raffiniertem Zucker ist, habe ich gemerkt, dass meine Haut viel besser geworden ist. Also, ich hatte wirklich früher eine schlimme Problemhaut, die dadurch viel, viel besser geworden ist. Und was für mich entscheidend war, war einfach, dass ich nicht mehr so einen Mittagstief habe. Früher war es wirklich so, dass ich mich nach dem Mittagessen eine halbe Stunde hätte hinlegen können. Heute bin ich einfach den ganzen Tag über leistungsfähig und habe dieses Auf und Ab nicht mehr. Das motiviert natürlich auch total. Das ist für mich der Antrieb, weiter mitzumachen.
[00:22:01] Lenne Kaffka Ist es denn eine Ernährungsweise, bei der du sagen würdest, das kann wirklich jeder machen, auch Schwangere, auch Leistungssportler?
[00:22:07] Hannah Frey Ja, auf jeden Fall. Mir fällt kein Beispiel ein, dass jemand das nicht machen kann. Man kann das wirklich an seine individuellen Bedürfnisse anpassen. Man kann sich vegetarisch ernähren, man kann sich vegan ernähren, man kann aber auch Fisch und Fleisch essen. Man kann das bei Nahrungsmittelintoleranzen anpassen und so weiter. Wenn man schwanger ist, kann man es auch anpassen. Außer den typischen Sachen, die man bei einer Schwangerschaft nicht essen sollte, isst man ja beim Clean Eating nichts, was irgendwie nicht passen würde.
[00:22:36] Lenne Kaffka Das heißt, solange man die Nährstoffe beachtet, ist es für jeden okay?
[00:22:39] Hannah Frey Ja.
[00:22:40] Lenne Kaffka Es gibt ja Leute, die genau das, was du jetzt auch wieder als sehr flexibel beschreibst, kritisieren. Die sagen, das Clean Eating-Konzept ist viel zu schwammig. Da gibt es auch gar keine Definition. Was soll schon ein sauberes Essen sein? Würdest du dem widersprechen? Was würdest du erwidern?
[00:22:55] Hannah Frey Der Begriff steht natürlich immer mal wieder in der Kritik. Wie du gerade gesagt, dieses saubere Essen, was bedeutet, dass überhaupt? Soll ich da meine Nahrungsmittel abwaschen? Vollwertkosternährung, das spricht mich einfach nicht an. Und deshalb finde ich Clean Eating gut. Ich finde auch, dass es sehr gut passt, dass es clean ist, also sauber bezogen auf die Zutatenliste, dass einfach keinen Mist drin steckt. Schwammig finde ich es im Prinzip nicht, weil du dich ja sehr natürlich ernähren sollst. Ich glaube, es ist für Anfänger nicht ganz einfach herauszufinden, was das bedeutet. Aber im Prinzip finde ich das für mich schon sehr klar, dass ich mich so natürlich wie möglich ernähre. Natürlich kann das jeder für sich auslegen, wie er möchte. Für mich ist das kein Kritikpunkt, der mich jetzt davon abhalten würde, das zu machen, weil es im Prinzip einfach eine sehr gesunde Ernährung ist.
[00:23:50] Lenne Kaffka Und es gibt noch einen anderen Punkt: Es gibt immer wieder Vorwürfe, Clean Eating könnte auch in eine Essstörung führen. Es besteht die Gefahr einer Orthorexie, des Zwangs, sich gesund ernähren zu müssen. Wie siehst du diese Problematik?
[00:24:02] Hannah Frey Das ist auf jeden Fall ein Problem. Da habe ich mich auch schon damit beschäftigt und auch schon darüber geschrieben. Weil ich weiß, dass mir viele junge Frauen folgen und meine Beiträge und Bücher lesen, versuche ich da auch immer wieder zu zeigen, dass ich das Ganze nicht dogmatisch sehe und dass man sich eben auch mal Ausnahmen erlauben soll und dass das alles nicht zu ernst genommen werden soll. Das finde ich ganz wichtig dabei. Und wenn man das macht, dann wird man auch nicht in die Orthorexie abrutschen. Aber natürlich gibt es immer Menschen, die das zu hundert Prozent durchführen wollen. Wenn man das eben macht, dann denke ich auch, dass das schnell krankhaft werden kann und dass das nicht gut ist, weil du dann eben nicht mehr einfach mit Freunden zum Grillen triffst, weil wo Zucker drin ist. Oder man schränkt sich dadurch eben auch sehr ein. Und das sollte auf keinen Fall so sein, finde ich.
[00:24:52] Lenne Kaffka Für dich ist das dann auch ne Art Konzept, einfach das Bewusstsein zu schärfen und weniger dogmatisch, nur gesund zu leben.
[00:24:58] Hannah Frey Genau. Wenn du schon kleine Sachen änderst, ist damit ja schon viel getan. Wenn du Softdrinks getrunken hast und verzichtest jetzt einfach mal darauf, isst aber trotzdem so wie vorher. Selbst wenn du sowas schon änderst, dann hast du ja schon total viel für deine Gesundheit getan. Und das ist dann schon mal ein erster Schritt und bringt auch sehr viel.
[00:25:17] Lenne Kaffka Das könnte auch ein Einstieg sein, einfach cleane Teilaspekte ins Leben zu integrieren.
[00:25:21] Hannah Frey Ja, es muss ja nicht jeder direkt seine ganze Ernährung von heute auf morgen ändern. Das war bei mir natürlich auch ein Prozess. Ich habe das auch nicht von heute auf morgen komplett umgestellt. Klar, auch so kleine Sachen helfen schon sehr viel und bringen für die Gesundheit natürlich einiges.
[00:25:37] Lenne Kaffka Aber du bist dran geblieben, du hast es immer mehr erweitert, lebst jetzt größtenteils so. Sag mir nochmal zum Schluss, warum es sich für dich einfach besser anfühlt, dich weitestgehend clean zu ernähren.
[00:25:48] Hannah Frey Also für mich fühlt es sich besser an, weil ich einfach Klarheit darüber habe, was ich esse. Das wusste ich früher nicht, weil ich nie darauf geachtet habe. Ich fühle mich dadurch besser. Mein Wohlbefinden hat sich verbessert, mein Körpergefühl ist viel besser geworden, und der für mich entscheidende Aspekt ist, dass ich dadurch leistungsfähiger bin, als ich das früher war.
[00:26:11] Abmoderation Und das war es mal wieder mit Smarter leben. Weitere Infos zum Thema gibt's in Hannah Freys Büchern, zum Beispiel "Clean Eating Basics" und auf ihrem Blog "Projekt gesund leben". Die Links stehen wie immer in den Shownotes zu dieser Episode. Die nächste Folge gibts ab kommendem Samstag auf spiegel.de und überall, wo es Podcasts gibt - zum Beispiel bei Spotify oder Apple Podcasts. bei Anregung oder Themenvorschläge einfach eine Mail schreiben an smarterleben@spiegel.de. Diesmal wurde ich unterstützt von Philipp Fackler und Yasemin Yüksel. Unsere Musik kommt von audioBOUTIQUE. Bis zum nächsten Mal.