Es ist der Albtraum jedes Online-Shoppers: Die Ware ist bezahlt, wird aber nie geliefert, Reklamationen verlaufen im Sande, das Geld ist weg. Mehr als 4,4 Millionen Online-Einkäufer in Deutschland sind schon einmal auf einen gefälschten Shop hereingefallen, schätzt das Marktwächter-Team "Digitale Welt" der Verbraucherzentrale Brandenburg. Wie viele solcher Fake Shops es gibt, ist bisher in keiner Kriminalstatistik erfasst, es dürften aber etliche Tausend sein. Doch die Betrüger sind nur selten zu greifen. Verurteilungen wie die jüngst verhängte Haftstrafe von mehr als fünf Jahren gegen einen betrügerischen Shop-Betreiber aus Troisdorf sind die große Ausnahme.
Daher mahnen Medien und Verbraucherzentralen die Konsumenten immer wieder zur Vorsicht und geben Tipps, wie sie gefälschte Shops erkennen können. Ein weit verbreiteter Rat lautet, darauf zu achten, ob ein Shop eines oder mehrere der anerkannten Gütesiegel vorzuweisen hat.
70 Prozent der Verbraucher vertrauen Gütesiegeln
Sie sollen dem Kunden eine Orientierung in puncto Datenschutz, Sicherheit, Qualität und allgemeine Kundenzufriedenheit zu geben. Eva Rohde, Rechtsanwältin des Bundesverband E-Commerce und Versandhandel (BEVH), weiß um die Bedeutung der Gütesiegel: "Nahezu 70 Prozent der Verbraucher geben an, dass sie die Siegel und deren Bedeutung kennen und darauf vertrauen. Viele machen ihre Kaufentscheidung vom Vorliegen eines Siegels abhängig", betont sie.
Und auch der Online-Handel selbst ist überzeugt. "Wir finden, dass Gütesiegel im E-Commerce ein Must-have sind. Sie helfen Kunden, sich in der Vielfalt der Online Shops zu orientieren sowie sicher und transparent einzukaufen", betont Anastasia Hansen vom Online-Optiker Mister Spex.
Hilfe für rechtskonformen Shop
Für die Kunden sind Gütesiegel also ein Garant für mehr Sicherheit, für die Shops ein Mittel zur Kundengewinnung und -bindung. Nebenbei helfen die Auditierungs- und Zertifizierungsprüfungen, die im Laufe einer Gütesiegelprüfung absolviert werden müssen, die eigenen Prozesse im Shop rechtskonform und kundenfreundlich zu gestalten.Wie wichtig die Gütesiegel sind, hat die E-Commerce-Agentur Elaboratum im "Shop-Siegel Monitor 2017/2018" untersucht. Für die Studie wurden mehr als 1.000 deutsche Online-Shopper zu 22 Gütesiegeln und zwei Bewertungsanbieter befragt. Die Untersuchung kommt zu dem Schluss, dass die Siegel im Kaufprozess eine sehr wichtige Rolle spielen.
Vier Siegel machen Shop "sehr vertrauenswürdig"
Vor allem, wenn der Nutzer den Online Shop noch nicht kennt, stehen die Siegel für Vertrauen und Sicherheit - 45 Prozent der Befragten suchen dann gezielt danach. Dagegen achten 47 Prozent bei einem ihnen bekannten Händler nicht auf die Gütesiegel. Weiterhin interessant: Je mehr Gütesiegel ein Shop vorzuweisen hat, umso vertrauenswürdiger ist er. So stufen die befragten Verbraucher Shops mit vier Siegeln der Studie zufolge als "sehr vertrauenswürdig" ein.
Der Online-Optiker Mister Spex hat sich mit Trusted Shops und EHI für zwei der renommiertesten Anbieter entschieden. "Beide Siegel sind bekannt und im E-Commerce fest etabliert", begründet Mister-Spex-Sprecherin Hansen die Auswahl.
Trusted Shops, EHI und TÜV-Siegel
Tatsächlich zählen Trusted Shops und EHI nach der Studie von Elaboratum zur Gruppe der bekanntesten Anbieter. Trusted Shops hat es nach deren Einschätzung sogar geschafft, mit dem Shop-Siegel eine starke Marke zu etablieren. Ausschlaggebend dafür dürften die neben der eigentlichen Zertifizierung angebotenen weiteren Dienstleistungen sein. Dazu gehören eine Geld-zurück-Garantie und ein Händlerbewertungssystem. Nach Angaben von Trusted Shops nutzen rund 25.000 Händler das Vertrauenssiegel.
Auch das EHI-Gütesiegel dürfen Online Shops nur dann führen, wenn sie die strengen Vorgaben des EHI Retail Instituts bezüglich Seriosität, Datenschutz und Datensicherheit erfüllen. Für einen sicheren Einkauf bietet das Siegel darüber hinaus Testbestellungen und die Überprüfung der telefonischen Erreichbarkeit. Das EHI-Siegel tragen rund 600 Shops.
Neben den beiden bekanntesten finden sich im Netz zahlreiche weitere Siegel. Beim Prüfverfahren für das TÜV-Süd-Prüfsiegel sind eine Online-Prüfung, ein Security-Check und ein Audit vor Ort zu meistern. Danach darf der Shop das Logo "S@fer Shopping" nutzen. Bei der Datenschutz Cert GmbH stehen hingegen vor allem Prüfungen und Zertifizierungen der IT-Systeme und -Produkte sowie der Verfahren und Prozesse im Fokus.
Initiative für mehr Transparenz
Die Initiative D21, eine Partnerschaft aus Politik und Wirtschaft, bemüht sich darum, mehr Transparenz in den Gütesiegel-Dschungel zu bringen. Ziel ist es, Warenanbietern im Internet die Wahl eines Siegels zu erleichtern und die Online-Shopper auf diese Gütesiegel aufmerksam zu machen. Die vier beteiligten Gütesiegelanbieter - Trusted Shops, EHI, Datenschutz Cert und TÜV Süd - haben dafür entsprechende Qualitätskriterien für Online-Angebote entwickelt und sich verbindlich dazu verpflichtet, diese D21-Qualitätskriterien einzuhalten. Empfehlungen und eigene Siegel der Verbände
Käufersiegel des Händlerbunds
Während der BEVH seinen Händlern die beiden Siegelanbieter Trusted Shops und EHI empfiehlt, versucht der Händlerbund mit einem eigenen Label zu punkten. Beim "Käufersiegel" stehen vor allem Übersichtlichkeit und Transparenz der bereitgestellten Informationen im Online-Shop im Fokus. "Am häufigsten werden bei der Prüfung Verletzungen des Wettbewerbs- oder Urheberrechts beanstandet und beseitigt", berichtet Tim Arlt, Chief Operating Officer des Händlerbunds.
Bei der Prüfung des Shops muss sich der Händler mehr als 100 Prüfkriterien unterziehen. Dazu gehören die Erreichbarkeit des Online Shops, rechtskonformer Datenschutz und Widerruf, einwandfreie Produktbeschreibungen und ein übersichtlicher Bestellablauf. Rund 3.000 Shops tragen laut Händlerbund das Käufersiegel.
Siegel auch für Marktplätze
Auch Marktplätze haben die Notwendigkeit der Gütesiegel erkannt. Hauptproblem sind hier allerdings gefälschte Markenprodukte. Ebay setzt daher seit einigen Wochen auf Authorized.by. Die Autorisierungsplattform zertifiziert Händler als autorisierte Vertriebspartner des Herstellers. Sie vergibt dafür die Siegel "Authorized Partner" und "Verified Product". So können Marktplatzhändler ihre Vertrauenswürdigkeit signalisieren. Neben Markenfirmen zertifiziert das Start-up auch eine vierstellige Zahl von Webshops.
Daneben kursieren immer wieder unseriöse Angebote. Um die schwarzen Schafe zu identifizieren, reicht es zumeist, das Siegel anzuklicken. Bei einem echten Shop erscheint dann das Echtheitszertifikat. Es zeigt, seit wann der Shop zertifiziert ist und wann er zum letzten Mal überprüft wurde.
Vergleich der Gütesiegel lohnt sich für Händler
Für welche Gütesiegel sich Händler entscheiden sollten, hängt primär von den eigenen Prioritäten ab. Für kleinere, unbekannte Shops ist ein anerkanntes Gütesiegel Pflicht. Die größeren nutzen ein solches Siegel vor allem für Marketingzwecke.
Eva Rohde vom BEVH rät: "Die einzelnen Anbieter bieten sowohl den Verbrauchern als auch den Händlern unterschiedliche Zusatzleistungen und Hilfestellungen wie einen Käuferschutz für den Kunden oder Unterstützung bei Abmahnungen für den Händler an. Deshalb lohnt es sich, die einzelnen Gütesiegel zu vergleichen."