Danach ging die Bevölkerungszahl in Sachsen wieder leicht von 4.081.783 auf 4.081.308 zurück. Der Zuwachs durch die Flüchtlingsaufnahme 2015 wird also wieder aufgebraucht. Das Land kehrt in den alten Modus zurück. Die ländlichen Regionen entleeren sich wieder, die drei Großstädte wachsen.
Und die aktuelle Regierung hat kein Rezept dagegen, nicht mal eine Idee.
Die kreisangehörigen Gemeinden verloren allein 2017 satte 15.769 Einwohner.
Fast dieselbe Zahl gewannen die drei Großstädte hinzu: 15.294.
Besonders betroffen sind die Städte im Erzgebirge – von Thalheim über Johanngeorgenstadt bis Lößnitz mit Rückgängen zwischen 2 und 3 Prozent. Aber auch im Landkreis Görlitz und in der Sächsischen Schweiz gibt es solche Entwicklungen und in einigen Städten des Vogtlandes.
Und während die meisten Landkreise insgesamt Verluste um die 0,7 Prozent hinnehmen mussten, stehen gerade die beiden Landkreise im Westen des Bundeslands – Leipzig und Nordsachsen – mit einem Rückgang von 0,1 Prozent relativ gut da. Sie profitieren direkt vom Wachstum der Stadt Leipzig und vom Wohnungsbedarf vieler Menschen, die in Leipzig keine bezahlbare Wohnung mehr finden.
Das bekommen natürlich besonders leipzignahe Städte wie Markkleeberg (plus 167 Einwohner), Markranstädt (+ 67), Naunhof (+ 89) oder Zwenkau (+ 140) zu spüren. Und ganz ähnlich ist es in Nordsachsen – etwa in Krostitz (+ 94), Taucha (+ 187) oder Schönwölkau (+ 45).
Aber es sind halt auch noch die Zahlen für 2017. Da wuchs auch Leipzig noch um 10.892 Einwohner. Der wirkliche Dämpfer in der Leipziger Einwohnerentwicklung wird ja erst zu Beginn 2018 sichtbar. Das gleiche sich im Jahresverlauf zwar wieder aus, meinen die Leipziger Statistiker. Aber ganz so schnell sind die Bauleute ja nicht, schon gar nicht beim Bauen preiswerten Wohnraums.
Also liegt zumindest die Vermutung nahe, dass sich immer mehr Menschen, die in Leipzig Arbeit finden, dann doch lieber gleich im Umland eine Wohnung suchen. Es könnte sein, dass die an die S-Bahn angebundenen Städte davon profitieren. Noch freilich sind die Zuwachsraten der Bevölkerung dort überschaubar – auch in Eilenburg, das ja heftig um Leipziger Einwohner kämpft.
Hier gab’s 2017 einen Bevölkerungszuwachs von 29, in Torgau waren es 26. Delitzsch hat dafür wieder 21 verloren. Auch Wurzen, das eigentlich mit der S-Bahn schnell erreichbar ist, verlor 73 Einwohner. Wobei gerade bei Wurzen der Verdacht mitschwingt, dass hier die Stimmungsmache einiger rechtsradikaler Gruppen friedliebenden Menschen den Aufenthalt vermiest. Rechtsradikale Drohkulissen wirken sich auf Einwohnerentwicklungen genauso negativ aus wie aufs Wirtschaftsleben.
Grimma hat vom Leipziger Wachstum ebenfalls noch nicht profitieren können (- 169), genauso wie Borna (- 56) oder Borsdorf (- 66).
Die Entwicklungen im Leipziger Umland sind also noch sehr uneinheitlich. Warum das so ist, wäre eine Untersuchung wert. Ist den Wohnungssuchenden die Entfernung nach Böhlen (- 104) oder Frohburg (- 108) tatsächlich (noch) zu groß? Sucht man doch lieber eine Wohnung gleich an der Leipziger Stadtgrenze? Oder ist das SPNV/ÖPNV-System doch noch zu unattraktiv, um ein Leben weiter weg von der kompakten Großstadt zu suchen?
Das wird auch im MDV und im ZVNL noch einiges Kopfzerbrechen bereiten. Erst recht, wenn die Wohnungsmarktentwicklung in Leipzig geradezu dazu zwingt, dass Arbeitsfindende auch eine Wohnung finden, die das Pendeln nach Leipzig nicht allzu umständlich macht.
Auf jeden Fall zeigt die sächsische Bevölkerungsstatistik, dass es nicht gelungen ist, randlagige Regionen wie Lausitz, Erzgebirge oder Vogtland so zu stabilisieren, dass die Abwanderung dort endet und die jungen Leute dableiben, um dort die Entwicklung voranzutreiben. Denn es sind ja die jungen Leute, die den attraktiven Arbeitsplätzen hinterher reisen und die die Erwerbstätigenentwicklung in Leipzig und Dresden befeuern.
Die neue Leipziger Zeitung Nr. 59 ist da: Zwischen Überalterung und verschärftem Polizeigesetz: Der Ostdeutsche, das völlig unbegreifliche Wesen