Schon vor der Coronakrise stand für Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping fest, dass die Entwicklung von Blockchain-Technologie von grundlegender Bedeutung für sein Land sein würde. In einer Rede im Herbst vergangenen Jahres wies Xi die Ministerien und Behörden des Landes an, künftig stärker auf die Blockchain-Technologie zu setzen. Xi sagte, China werde verstärkt in diesen Bereich investieren. Zuvor hatte er persönlich eine Studiensitzung zur Entwicklung dieser Industrie geleitet.
Die Botschaft war so deutlich, dass danach die Aktien mehrerer Unternehmen, deren Geschäftskerne in Big Data, vernetzter Industrie- und Informationstechnologie, liegen, an den Börsen in Shanghai und Shenzhen kurzzeitig vom Handel ausgesetzt wurden, da ihre Titel das tägliche Limit an Höchstzuwachs übertroffen hatten. In Zuge dessen stieg auch der Wert der Digitalmünze Bitcoin damals, nach der Ankündigung von Xi, um über 25 Prozent auf 10.000 Dollar.
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Es gibt einen harten internationalen Wettbewerb um Kryptowährungen. Facebooks Ankündigung im vergangenen Jahr, seine eigene Währung Libra noch in diesem Jahr auf den Markt zu bringen, spornte Peking noch mehr an, eine eigene Kryptowährung zu entwickeln und zum Einsatz zu bringen.
Gegenkonzept zu Bitcoin
Doch Peking will nicht etwa auf den Bitcoin-Zug aufspringen, dessen Erfinder Satoshi Nakamoto aus Japan stammt. China verfolgt ein Gegenkonzept zu den bestehenden Blockchain-Währungen. Nachdem die chinesische Regierung im Herbst 2017 zuerst den Handel mit Bitcoin untersagt hatte, geht sie seit Beginn des Jahres 2020 noch schärfer als bisher gegen das sogenannte „Schürfen“ von Bitcoin-Münzen vor. Beim „Schürfen“ wird um die Wette nach einer Lösung für eine Rechenaufgabe gesucht. Wer diese als erster löst, hat damit einen Teil der Blockchain entschlüsselt und bekommt zur Belohnung die Bitcoin-Münze.
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Dieser Prozess erfordert mittlerweile große Rechenzentren, in denen viele auf das Mining ausgerichtete Computer stehen, die rund um die Uhr versuchen, Bitcoin zu schürfen. Derzeit kommen mehr als die Hälfte aller Bitcoins der Welt aus der chinesischen Provinz Sichuan. Dort wird der Strom durch Wasserkraftwerke erzeugt und ist im internationalen Vergleich relativ günstig.
Dass einige der weltgrößten Mining-Farms in China stehen, dürfte nicht Pekings größtes Problem mit Bitcoin sein. Vielmehr ist es die Tatsache, dass das System, auf dem es basiert, weder von Notenbanken reguliert noch von staatlichen Institutionen kontrolliert wird.
Kontrolle für die Regierung
Chinas Idee hinter einer eigenen Kryptowährung ist jedoch Kontrolle und verspricht somit mehr Stabilität für die Regierung. Smartphone-Zahlungen sind in China bereits allgegenwärtig, und die Staats- und Regierungschefs hoffen, dass ein von der Regierung geführtes digitales Zahlungssystem Geldwäsche, Glücksspiel und Terrorismusfinanzierung bekämpfen wird.
Seit Ende März testet China seine staatliche Digitalwährung. Sie wird DC/EP genannt – Digital currency/Electronic payment, weil sie bislang keinen eigenen Namen hat. Schon seit 2014 bemühen sich Chinas Finanzaufseher um eine eigene digitale Währung. Nun hat das Forschungsinstitut für digitale Währung, das an der Zentralbank angesiedelt ist, verkündet, dass sie in vier chinesischen Städten Chinas schon zum Einsatz kommt.
In Shenzhen, Suzhou, Xiong’an und Chengdu testen die Staatsbanken Apps, mit denen in E-Yuan bezahlt werden kann. Diese Apps sind gleichzeitig direkt mit dem Bankkonto der Nutzer verlinkt. Künftig soll man auch bei McDonalds oder Starbucks mit der neuen staatlichen Kryptowährung bezahlen können.
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Digitales Bezahlen ist Alltag
In der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt nutzen die Menschen schon seit längerem Alipay von Alibaba oder WeChat Pay des Technologieriesen Tencent auf ihrem Smartphone, um im Alltag im Cafe oder beim Einkaufen zu bezahlen, aber auch um die Stromrechnung und die Miete zu begleichen. Jede der beiden digitalen Bezahlplattformen hat bereits rund eine Milliarde Nutzer.
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Das macht es Chinas Geschäftsbanken leichter, die digitale Währung in Umlauf zu bringen. Man kann sie mit beiden bereits existierenden Bezahlplattformen verlinken und damit die Akzeptanz bei den Bürgern testen.
Das US-Wirtschaftsblatt „Wall Street Journal“ berichtete in der vergangenen Woche, dass Angestellte der chinesischen Führung in der südchinesischen Stadt Suzhou nahe Shanghai schon ab Mai Teile ihrer Bezüge in Form der digitalen Währung ausgezahlt bekommen sollen. Dafür müssen sie sich nur eine entsprechende App herunterladen. Auch kursierten auf den sozialen Plattformen bereits Bilder über diese App und ihre Funktionen.
E-Yuan lässt sich genau zurückverfolgen
Während US-Finanzexperten befürchten, dass der Renminbi, wie die chinesische Währung offiziell heißt, damit international an Bedeutung gewinnen wird, sehen Datenschützer die Gefahr, dass Peking durch die neue Währung noch mehr Einsicht in die Finanzen seiner Bürger bekommen könnte. Noch nicht ganz klar ist indes, welches System dem neuen E-Yuan zugrunde liegen wird. Schon jetzt wird aber deutlich, dass alle Transaktionen genau zurückverfolgt werden können.
„Die Währung ist nicht für Spekulationszwecke geeignet. Sie unterscheidet sich von Bitcoin oder wertstabilen Token, die für Spekulationen verwendet werden können oder die Unterstützung eines Währungskorbs erfordern", sagte Mu Changchun, der Leiter des Forschungsinstituts für digitale Währungen der Zentralbank. Laut Mu würde die Kryptowährung den Benutzern ein gewisses Maß an „Anonymität“ bieten, sagte er, um entsprechende Bedenken zu zerstreuen.
SolarisbankBerliner Fintech-Bank kooperiert mit Alipay
Die Aufgeschlossenheit gegenüber dem E-Yuan wird durch die derzeitige Coronavirus-Pandemie begünstigt. Denn insgesamt bringt die Angst der Menschen vor dem physischen Kontakt mit Bargeld den digitalen Zahlungsplattformen noch mehr Zulauf. Und auch um den Umlauf von Falschgeld in China zu reduzieren, soll ein großer Teil der Bargeldmenge durch die neue digitale Währung ersetzt werden.