Alexander Bachmann setzt mit seinem Projekt Admitad heute nach eigenen Aussagen 180 Millionen Euro um
Er führt als 17-jähriger Gründer schon vor Jahren das größte Layerwerbe-Netzwerk in Deutschland. Als das Geschäft flöten geht, weil Popups („Layer“) von immer weniger Publishern angeboten werden, gründet Alexander Bachmann mit Admitad ein Affiliate-Netzwerk. Damit erobert er jetzt vor allem den russischen Markt. Das Unternehmen hat seinen offiziellen Sitz zwar in Heilbronn – macht aber fast seine kompletten Geschäfte in Russland und Indien. Wir zeichnen die Geschichte um Bachmanns Projekte nach und klären, ob sein Unternehmen in diesem Jahr wirklich 180 Millionen Euro Umsatz macht.
Als OMR-Gründer Philipp uns von seinem Chat mit Online-Marketing-Urgestein Andre Alpar erzählt und den Link zu einem Artikel des US-Bloggers Jeff Bullas schickt, gehen bei uns direkt ein paar Sirenen los. In dem Sponsored Post geht es um den Deutschen Alexander Bachmann, der aus einem Anfangsinvest von unter 30 US-Dollar ein Unternehmen mit 100-Millionen-Umsatz aufgebaut haben soll. Wir hatten den Namen immer nur mit dem Layerwerbungs-Business BinLayer in Verbindung gebracht, das aber schon vor ein paar Jahren Insolvenz anmelden musste. Also haben wir uns auf Spurensuche begeben und mit Bachmann über sein neues Projekt Admitad gesprochen.
Schule geschmissen, Affiliate gelernt
Bachmann wächst in Oberdingen in der Nähe von Heilbronn auf und schmeißt in der neunten Klasse die Schule. Mit 17 entdeckt er Affiliate Marketing für sich und startet sein erstes Business BinLayer. „Damals habe ich versucht, Werbung auf TKP-Basis einzukaufen und in CPO zu konvertieren“, sagt Bachmann zu OMR. Er kauft ab 2007 also für wenige Cent Reichweiten bei Publishern ein, die er dann über sein Unternehmen BinLayer mit Pop-ups und Layer-Ads bespielt. Die Ads kommen wiederum aus Affiliate-Programmen, die auf CPO-Basis abrechnen und viel Geld für gewünschte Aktionen der Nutzer zahlen.
Das klappt zumindest am Anfang – etwa von 2007 bis 2009 – ganz gut. Zu dieser Zeit stecken Adblocker noch in den Kinderschuhen. BinLayer hat 18 Mitarbeiter am Firmensitz in Heilbronn. 2009 wird das Unternehmen durch die Insolvenz des Konkurrenten LayerAds.de Marktführer auf dem Gebiet und macht nach zwei verlustreichen Jahren erstmals über 300.000 Euro Gewinn. In Digital-Marketing-Kreisen kursieren damals Anekdoten, wie viel Geld Bachmann über die heute öffentlichen Zahlen hinaus verdient. Er war damals eine schillernde Gestalt, denn ein 18-Jähriger der im Jogging-Anzug und im teuren Sportwagen zu Konzern-Terminen vorfährt, war noch nicht gelernt.
Bachmann selber scheint da aber schon abzusehen, dass sein System nicht dauerhaft funktionieren wird. Er holt sich 2009 Sabrina Saleh als Co-Geschäftsführerin an Bord und arbeitet schon damals an seinem nächsten Projekt. Saleh gründet 2013 übrigens selbst das Affiliate-Netzwerk Digidip, das im Gründerszene-Ranking der schnellstwachsenden Startups 2016 auf Rang neun landete.
Erstes Unternehmen pleite, zweites schon in den Startlöchern
Nach Bachmanns endgültigem Ausstieg 2010 geht es mit BinLayer stetig bergab. Fast jährlich wechseln die Geschäftsführer, 2012 wird der Insolvenzantrag gestellt. 2013 übernimmt noch einmal die QE GmbH, was von BinLayer übrig ist und startet das Netzwerk neu. Noch heute ist die Domain online, allerdings dürfte hier seit 2013 nichts mehr passiert sein.
Die altbackene Webseite von BinLayer
Bachmann konzentriert sich ab 2009 stärker auf einen ganz anderen Markt: „Ich habe mich in Russland erkundigt, was da so abgeht. Damals gab es dort kaum jemanden, der ein richtiges Affiliate-Netzwerk positioniert hat – also habe ich eins aufgemacht.“ Er zieht nach Unterhaching in die Nähe von München und beginnt im September 2009 mit der Arbeit an Admitad. Im März 2010 steht die Beta und er stürzt sich in den russischen Markt. „Nach mehr als einem halben Jahr und mehreren Versuchen von Deutschland aus in Russland etwas zu bewegen, entschloss ich mich, selber nach Moskau zu ziehen“, sagt Bachmann.
Größtes Affiliate-Netzwerk in Russland?
Nach eigenen Aussagen funktioniert die Arbeit vor Ort für Admitad deutlich besser. So sei Heilbronn heute zwar immer noch der nominelle Hauptsitz, das eigentliche zentrale Office befinde sich aber längst in Moskau. Weltweit arbeiten laut Bachmann 270 Mitarbeiter für sein Unternehmen. Jeden Monat kämen sieben bis zehn dazu. Allein im 1.752-Quadratmeter-Büro in Moskau sitzen 150 Kollegen, dazu kommen Büros in Deutschland, Weißrussland, der Ukraine, der Schweiz, Indien und der Türkei. Innerhalb weniger Monate schafft es Bachmann nach eigenen Angaben, das größte Affiliate-Netzwerk im GUS-Raum (Gemeinschaft Unabhängiger Staaten) zu werden.
Blick ins Moskauer Office von Admitad (Quelle: vc.ru)
„Im Netzwerk sind mehr als 550.000 Publisher registriert. Wenn wir nur von aktiven Publishern reden, also jenen, die mindestens eine Transaktion im vergangenen Monat gemacht haben, sind wir bei über 32.000 Publishern“, so Bachmann. Darunter seien neben vielen asiatischen Partnern auch bekannte internationale wie Ve Interactive, Cuponation, Savings United oder das deutsche Adgoal. Gleichzeitig geht Admitad relativ transparent mit der Advertiser-Situation im Netzwerk um. Auf einer öffentlichen Seite können potenzielle Publishing-Partner die derzeit 1.384 Partner-Programme nach passenden Advertisern durchsuchen. Darunter sind der asiatische E-Commerce-Riese AliExpress, Booking, Asos, Lamoda (Zalando in Russland), Nike, Adidas und weitere.
Der Standortvorteil und ein Full-Service-Ansatz
Aber wie will Bachmann innerhalb weniger Jahre so ein Affiliate-Schwergewicht aufgebaut haben? „Wir bieten den kompletten Service an, den in Deutschland eine Affiliate Agentur machen würde. Das verursacht für die Advertiser im ersten Schritt keine weiteren Kosten.“ Dadurch könne Admitad allerdings in der Regel 30 Prozent Provision von den Partnern kassieren – in Deutschland behalten die großen Affiliate-Netzwerke in der Regel eher 20 Prozent von der Auszahlung an die Publisher. „Jeder Advertiser bei uns bekommt einen Key-Account-Manager“, sagt Bachmann. Das seien derzeit 65 Mitarbeiter allein für diesen Bereich. Auf der anderen Seite würden 70 Kollegen sich nur um den Ausbau und die Unterstützung des Publishing-Netzwerks kümmern. Diese Vielzahl an Mitarbeitern, die den Job einer Affiliate-Agentur übernehmen, könne sich Admitad nur dadurch leisten, dass das Büro in Moskau ist und der Rubel gerade relativ schwach dasteht.
Die Umsatzentwicklung der Admitad Advertising-Partner. (Quelle: Admitad)
„In Deutschland würde mich ein Account Manager 3.500 Euro Brutto kosten, dafür kann ich in Moskau drei Kollegen einstellen, die auch alle Englisch sprechen“, sagt Bachmann. Dieser Standortvorteil erlaube es Admitad mit mehr Personal, immer neue Publisher zu akquirieren und ihnen vor allem bei der cleveren Umsetzung ihrer Affiliate-Strategie zu helfen – was wiederum den Advertisern hilft. Die technische Umsetzung des Affiliate-Programms ist hingegen eher klassisch. Laut Bachmann verdiene sein Unternehmen das meiste Geld durch typische Affiliate-Links – vor allem auf Coupon-Seiten. Advertiser würden die Publisher vorrangig auf CPA-Basis (Cost per Action) bezahlen, wobei die häufigste „Action“ klassisch der Kauf sei. „Der E-Commerce-Umsatz in Russland im Jahr 2016 lag bei 920 Milliarden Rubel (etwa 12,6 Milliarden Euro) – Admitad hat davon etwa 3,03 Prozent ausgemacht“, so Bachmann.
Kein Fraud in Russland?
Allerdings betont Bachmann, dass Admitad auch an technischen Lösungen für typische Affiliate-Probleme arbeite. So habe sein Unternehmen eine Technologie entwickelt, die sogenanntes „Cookie Stuffing“ bzw. „Cookie Dropping“ verhindern soll. Bei dieser Betrugsmethode wird den Nutzern ein Affiliate-Cookie untergeschoben, der ausgelöst wird, wenn der Nutzer auf entsprechenden Advertiser-Seiten einen Kauf tätigt. Der Affiliate, der den Cookie untergeschoben hat, bekommt die Provision, obwohl der Nutzer nicht über sein Werbemittel auf die Kaufseite gekommen ist. Allerdings bieten andere große Affiliate-Netzwerke wie Awin (Ex-Zanox) ebenfalls solche Tools an.
Zu seinen alten Layer-Zeiten in Deutschland war es ein offenes Geheimnis, dass viele Transaktionen nicht sauber zustande gekommen sind, sondern viele Anbieter noch Know-how- und Tracking-Technologie-Lücken aggressiv genutzt haben. Hat also in Russland tatsächlich ein komplettes Umdenken von seiner Seite stattgefunden? Auf einem russischen Bewertungsportal beschweren sich Publisher darüber, dass keine Zahlungen erfolgen und Klicks auch mal gefaked werden (zumindest was trotz mieser Google-Übersetzung verständlich ist).
Können die Zahlen stimmen?
Was ist jetzt dran an einem Umsatz von 50 Millionen US-Dollar in 2016 und einem angepeilten Wachstum von 252 Prozent in 2017 auf knapp 180 Millionen Dollar? Zuerst muss man sagen, dass Umsätze in Affiliate-Netzwerken nicht immer auch die Umsätze des Unternehmens sind. Teilweise werden hier auch insgesamt über das Natzwerk generierte Umsätze angegeben, die zum Teil noch an Publisher ausgeschüttet werden. Ein Blick in den Bundesanzeiger zeigt zumindest, dass Admitad von solchen Zahlen 2015 wohl noch weit entfernt war. Gleichzeitig sind die verfügbaren Zahlen auch das Minimum, das in einer Bilanz angegeben werden muss. So ist zwar sichtbar, dass das Umlaufvermögen von 2014 zu 2015 von über 475.000 Euro auf knapp eine Million Euro steigt und gleichzeitig die Verbindlichkeiten eher geringfügig von 191.000 auf 262.000 Euro. Auf neunstellige Umsätze weisen diese Zahlen allerdings nicht direkt hin.
Wenn es aber stimmt, dass Admitad in den ehemaligen UDSSR-Staaten 80 Prozent Marktanteil unter den Affiliate-Netzwerken hat und gleichzeitig Exklusiv-Verträge mit 140 Advertisern wie Groupon Russia (Frendi), Mothercare, Asos, Adidas RU, Foodpanda IN, Otto RU, Reebok und anderen, dann dürfte das Geschäft auf jeden Fall einigermaßen gut laufen. Hinzu komme die Marktführerschaft in Indien und erste größere Deals in Europa. Sicher ist, dass die internationalen Märkte mit Blick auf Tracking, Fraud-Prävention und Know-how sehr unterschiedlich ausgereift sind. Gut möglich also, dass einem langjährigen Profi wie Bachmann auch seine Erfahrungen aus reiferen Märkten hier hilfreich sind.