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Es ist schon Ende Juni. So mancher freut sich auf die Sommerferien. Einige gehen dann wandern, andere wollen sich vielleicht ein Museum anschauen, die ja wieder offen sind. Die Gemeinde Sarmenstorf kann beiden, Sportlern und Kulturfreunden, schon vor den Ferien ein Schmankerl bieten. Darum hat sie vor einigen Tagen in ihren Gemeinderatsnachrichten Werbung für den Geschichtsweg Sarmenstorf gemacht.
Tatsächlich kann man auf diesem Weg durch die Geschichte wandern, wie es nur an sehr wenigen Orten in der Schweiz möglich ist. Die sechs Posten bilden die verschiedenen Epochen von den Pfahlbauern im 4. Jahrtausend v. Chr. über die Kelten und Römer bis zum Mittelalter und der Frühen Neuzeit ab.
Die Flyer zum Geschichtsweg liegen auf der Gemeindekanzlei gratis auf. Sie wurden 2018 gedruckt, und zwar als Erinnerung an den Kulturerbetag 2016. Bei diesem machte die Kantonsarchäologie mit der historischen Vereinigung Seetal und Umgebung sowie der Gemeinde Sarmenstorf die Geschichte erlebbar.
Heute stimmt der Flyer nicht mehr ganz. Auf der Karte ist ein Weg hin zur Römervilla eingezeichnet, den es scheinbar nicht mehr gibt. Ausserdem dauert der Weg nicht rund eine Stunde, wie auf dem Flyer vermerkt, sondern gut zwei. Und dass im Haupttext steht, die Grabhügel stammen aus der Jungsteinzeit, ist ebenfalls eine veraltete Ansicht, denn sie stammen laut neuesten Forschungsergebnissen aus der Bronzezeit.
Die Kantonsarchäologen haben den Weg nie ganz abgelaufen. Die AZ hingegen schon. Ihr sind die Ungereimtheiten aufgefallen. Manuela Weber, zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit bei der Kantonsarchäologie, ist froh darüber: «Wir wollten schon länger eine neue Auflage des Flyers erstellen. Das nehmen wir nun gleich zum Anlass, dies auszuführen.» Auf der Website der Gemeinde Sarmenstorf ist bereits ein neuerer Flyer aufgeschaltet, der den richtigen Weg und den korrigierten Text zeigt.
Die Geschichte der kopflosen Angelsachsen ist gut bekannt
Doch nun zum Weg selber: Er beginnt bei der Heiligkreuzkirche mitten im Dorf, die ihr heutiges Aussehen Ende des 18. Jahrhunderts erhalten hat. Sie ist ursprünglich aber aus einem Mausoleum des 8. Jahrhunderts hervorgegangen.
Von dort geht es den Lindenberg hinauf zur St.Wendelinskapelle, ebenfalls aus dem 18. Jahrhundert. Hier kommt man nicht umhin, die Geschichte der Angelsachsen zu lesen, die von Räubern enthauptet wurden und mit ihren Köpfen unter dem Arm vom Büelisacker bis hierher gegangen sein sollen.
Im Zigiholz kommen die Wanderer dann an den bronzezeitlichen Grabhügeln vorbei. Die Gräber, die aus der Zeit zwischen 2200 bis 800 v. Chr. stammen, wurden von der Kantonsarchäologie in den vergangenen Monaten wieder in ihren ursprünglichen Zustand zurückversetzt, nachdem sie in den 1920er-Jahren ausgegraben und offen liegen gelassen worden sind. Heute laden neue Wege zum Flanieren ein. Hier will die Kantonsarchäologie auch noch eine neue Infotafel erstellen.
Von den Grabhügeln aus führt der Weg weiter zur schön erhaltenen, überdachten Badanlage der römischen Villa im Murimooshau. Sie soll im 1. Jahrhundert erbaut worden sein. Früher sollen die Römer von hier aus einen weiten Blick übers Seetal bis zur Jura- und Alpenkette gehabt haben. Wer diesen Ausblick ebenfalls geniessen will, muss heute allerdings die paar Stufen hinunter und aus dem Wald raus – aber schön ist es auch heute noch.
Zum Schluss folgen die zwei wohl am wenigsten bekannten archäologischen Fundstellen, die der Geschichtsweg zu bieten hat. Sie sind deutlich weniger auffällig – ausser man weiss, wonach man Ausschau halten muss. Auf dem Heidenhübel, nicht allzu weit von der Römervilla entfernt, muss es im 10./11. Jahrhundert eine frühe Adelsburg gegeben haben. Heute ist es ein sonderbares Plateau, von hohen Laubbäumen umstellt. Doch wer es weiss, erkennt den ungewöhnlichen flachen Boden und vielleicht sogar den Ringwall rundherum.
Einmal der südlichen Grenze des Dorfes entlang gelangen die Geschichtswanderer ins Moos hinunter. Vom wohl höchsten Punkt des Dorfes kommt man zum tiefsten. Hier unten, im Langmoos, findet sich bei genauer Betrachtung tatsächlich eine Art Ring aus Erde, die einen Durchmesser von etwa 200 Metern und eine Höhe von 6 Metern aufweist. Hier soll während der Eiszeit ein See gewesen sein. An dessen Rand wurden Feuersteingeräte gefunden. Es handle sich um eine steinzeitliche Pfahlbausiedlung aus dem 4. Jahrtausend v. Chr., wie es im Flyer heisst. Heute sieht man dort, mitten im einstigen Seebecken, nicht selten Störche oder auch einmal einen Fuchs herumspazieren.
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