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Der Spielwaren Verband Schweiz (SVS) warnt: «Wer über das Internet direkt in China Spielwaren einkauft, läuft Gefahr, Kinder zu vergiften». Das Sprachrohr der Schweizer Spielwarenbranche hat populäre Produkte für Kinder über die aufstrebenden Online-Marktplätze Aliexpress und Wish bestellt und von einem unabhängigen Labor auf Schadstoffe prüfen lassen. Das Resultat: Von den zehn untersuchten Spielsachen enthielten sieben Schadstoffe, wovon bei sechs die Grenzwerte weit übertroffen wurden.Gefunden haben die Schweizer Chemiker Lösemittel, Blei, Nickel (stark allergen), DEHP (Weichmacher) und Bor. Letztere Substanzen können in das Hormonsystem von Kindern eingreifen.
Auch allergisch machende und reizende Substanzen wie zum Beispiel Cyclohexanon wurden gefunden. Selbst Stoffe, die als krebserzeugend gelten und zum Teil das Erbgut verändern oder die Fortpflanzung gefährden, wurden nachgewiesen.Ein Produkt enthielt demnach derart viel Lösemittel, dass die Chemiker im Labor unter Übelkeit und Kopfschmerzen litten – schlicht durch die Kontamination der Luft.
Gefährliche Substanzen, keine Warnhinweise
Auf gefährliche Substanzen getestet wurden die Spielsachen vom Schweizer Prüflabor der Swiss Quality Testing Services (SQTS) in Dietikon. «Wir haben Substanzen nachgewiesen, die in der Spielzeugverordnung (zu Recht) reglementiert sind. Einige der Substanzen sind bedenklich», sagt das Labor auf Anfrage.
Im Prüfbericht, der watson vorliegt, schreibt das Labor: In einer «Surprise Doll» (Puppe in einer Überraschungskugel) «haben wir sehr hohe Mengen an Lösemitteln gefunden. Selbst wir Erwachsenen haben hiervon Kopfschmerzen und Übelkeit bekommen.»
Getestet wurden auch die bei Kindern beliebten Squishies:Kleine Schaumstofffiguren, die sich wie ein Antistressball zusammendrücken lassen und süsslich nach Früchten, Caramel oder Kokos riechen. Zu den Spiel- und Sammelfiguren schreibt das SQTS: «Bei allen wurde ein erhöhter Wert an Cyclohexanon festgestellt.»
Bereits bei normaler Raumtemperatur von 20 Grad kann es im Kinderzimmer langsam zu einer toxischen Kontamination der Luft kommen. Cyclohexanon ist besonders beim Einatmen gesundheitsschädlich und kann Schwindelanfälle und Kopfschmerzen hervorrufen. Es kann aber auch oral oder über die Haut (Kontaktgift) aufgenommen werden. Die farblose Substanz reizt die Haut, die Augen und die Atemwege. Länger andauernder Kontakt kann eine Dermatitis (Ekzem) auslösen.
Den Testern ist zudem aufgefallen, dass bei den untersuchten Spielwaren Angaben zur Alterseinstufung und die Warnhinweise für verschluckbare Kleinteile fehlen. Angaben zum Importeur fehlen ebenso. Wenn etwas passiert, kann niemand zur Verantwortung gezogen werden.
Das Ergebnis sei «alarmierend», schreibt der Spielwaren Verband Schweiz (SVS). Kein einziges der getesteten Spielzeuge würde in der Schweiz zugelassen – allein schon aufgrund der fehlenden Kennzeichnungen. «Eine Mutter weiss bei diesen Spielwaren nicht einmal, für welche Alterskategorie es geeignet ist», sagt SVS-Präsident Rolf Burri.
Wish und Co. unterliegen «überhaupt keiner Kontrolle»
Direkt im Netz aus China bestellte Spielwaren sind teils spottbillig, die verlockenden Angebote haben aber aus Sicht des Spielwaren Verband Schweiz einen gefährlichen Haken: Anders als im Schweizer Spielwarenhandel kontrolliere bei Wish und Co. niemand kritische Spielwaren auf ihre Gefährlichkeit.
«Anbieter wie Wish und Aliexpress aus China unterliegen überhaupt keiner Kontrolle», sagt Sandro Küng vom SVS. Die Spielwarenbranche hingegen müsse hohe Standards einhalten und nehme ihre soziale Verantwortung wahr.
Diese Spielwaren wurden vom Spielwaren Verband Schweiz beanstandet:
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Schon aufgrund der fehlenden Kennzeichnung wäre keines der getesteten Spielsachen in der Schweiz verkehrsfähig.
Spielwaren Verband Schweiz
Küng fordert gleich lange Spiesse für alle. Konkret sollen ausländische Online-Plattformen wie Wish und Aliexpress zur Verantwortung gezogen werden können, wenn sie beispielsweise schadfstoffhaltige Spielwaren anbieten.«Das ist ein Missstand, der auch uns beschäftigt, denn hier fehlen schlicht die gesetzlichen Grundlagen», wird Peter Brodmann, Leiter des Kantonslabors Baselland, zitiert. Das Labor ist in der Deutschschweiz auf die Kontrolle von Spielwaren spezialisiert. Im Klartext: Die Behörden sind bisher machtlos.
Soll so China-Konkurrenz ausgeschaltet werden?
Aliexpress und Wish werden in diesem Jahr voraussichtlich für mehr als eine Milliarde Franken Waren in die Schweiz liefern. Laut einer aktuellen Umfrage im Auftrag der Post sollen 41 Prozent der Schweizer in den letzten zwölf Monaten Waren aus China bestellt haben. Geht es der Schweizer Spielwarenbranche darum unliebsame Konkurrenz zurückzubinden?
Küng dementiert: Man wolle Einkäufe über Aliexpress oder Wish nicht verbieten, sondern vielmehr die Konsumenten für die Gefahren sensibilisieren. Schadstoffhaltige Billig-Spielwaren aus China könnten die ganze Branche in Verruf bringen, glaubt man beim SVS. «Wir sind besorgt um den Ruf der Branche und um alle Kinder, die mit gefährlichen Spielwaren in Kontakt kommen», sagt Küng.Für Kinder und Jugendliche sei es sehr verlockend, mit ihrem Taschengeld Billig-Produkte auf Wish oder Aliexpress zu kaufen. «Diese Spielwaren landen im Kinderzimmer und insbesondere Kinder sind sich des Risikos oft nicht bewusst», sagt Küng. Eltern, aber auch Jugendliche und Kinder sollten daher ein Bewusstsein für das Risiko entwickeln. «Das Mindeste, was der Bund tun kann, ist Aufklärungsarbeit zu leisten», fordert der SVS.
EU geht gegen illegale Produkte vor
In der EU ist 2019 eine neue Marktaufsichtsverordnung erlassen worden, welche die Problematik aufgreift. Online-Plattformen wie Wish und Aliexpress sollen belangt werden, wenn ihre Produkte nicht EU-konform sind. Der Spielwaren Verband Schweiz hofft, dass die Schweiz die Verordnung übernimmt.Länder wie Dänemark, Norwegen, Schweden oder Finnland warnten schon 2018 vor billigem China-Spielzeug wie Squishies, weil sie gesundheitsgefährdende Chemikalien enthalten. Und was ist mit der Schweiz? Wir haben am Mittwoch beim Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen BLV nachgefragt. Die Antwort steht aus und wird hier ergänzt, sobald sie vorliegt.