DeCool kopiert ungefragt Entwürfe von LEGO-Fans. Trotz Hinweisen verkauft BlueBrixx die Modelle in Deutschland weiter: Die Hintergründe.
Prinzipiell ist es eine sehr gute Sache, dass auch andere Klemmbaustein-Hersteller am Markt vertreten sind. Das zeigt, wie sehr in digitalen Zeiten nach wie vor analoges Spielzeug gefragt ist. Wir bei Zusammengebaut sind jedoch allesamt Fans der LEGO-Klemmbausteine und berichten daher auch nur über alles, was sich um die bunten Steine aus Billund dreht. Aber Konkurrenz belebt bekanntlich das Geschäft und kann LEGO unter Umständen sinnvoll ergänzen.
Schade aber ist, dass es auch immer wieder schwarze Schafe gibt, die geistiges Eigentum ohne Nachfrage kopieren. Wir berichteten schon einige Male über Lepin, die dafür bekannt sind, LEGO-Sets zu kopieren. Etwas, was zumindest hier noch nicht thematisiert wurde ist, dass es auch immer wieder Hersteller gibt, die MOCs (Eigenkreationen von LEGO-Fans) produzieren und verkaufen: Es werden Eigenkreationen von kreativen Baumeistern als Set herausgebracht, was angesichts vieler verworfener Ideas-Entwürfe auch etwas Gutes bedeuten kann. Doch was ist, wenn die Erschaffer damit gar nicht einverstanden sind beziehungsweise nicht mal gefragt wurden?
Inhaltsverzeichnis
Rebrickable
Keep On Bricking
DeCool
Interview mit Keep On Bricking
LEGO und DeCool im direkten Vergleich
Die anderen sieben Alternativ-Modelle
Immer noch im Verkauf
Fazit
Rebrickable
Um etwas weiter auszuholen: Auf Rebrickable finden sich zu vielen Sets alternative Modelle, die man bauen kann. So berichteten wir beispielsweise über Modular Buildings, die aus den Steinen der Tower Bridge oder des Disney-Schlosses erbaut werden können. Das Schöne bei Rebrickable ist, dass die Baumeister mit dem Verkauf der Anleitungen mit ihren Kreationen ganz legal Geld verdienen können.
Ein schönes MOC mit den Steinen der Tower-Bridge 10214 | © Inyong Lee
Keep On Bricking
Ein AFOL aus Lettland mit über 10.000 YouTube-Abonnenten und über 20.000 Instagram-Followern ist ebenfalls bekannt dafür, Neubauten bekannter LEGO-Modelle zu kreieren und die Bauanleitungen dazu auf Rebrickable zu verkaufen. Unter dem Namen Keep On Bricking erschafft er aus normalen LEGO Creator-Sets teilweise zehn verschiedene Varianten, so dass aus einem Original 3-in-1-Modell schnell ein 13-in-1-Modell wird.
DeCool
Kürzlich ist mir durch den Baumeister die Marke DeCool aufgefallen, die diesen Artikel ins rollen gebracht hat. Eben genau diese Marke kopiert Entwürfe von LEGO-Fans. Auch Jason Allemann (alais JK Brickworks) ist mit einer Modifikation eines LEGO Creator-Sets davon betroffen, in der er einen Hai lebendig werden hat lassen. Allerdings hat Jason die Anleitung dafür kostenlos zur Verfügung gestellt. Gefragt wurde er hinsichtlich eines Verkaufes an anderer Stelle offenkundig aber nicht. Was bei diesem Exemplar aber erschwerend hinzukommt ist, dass der überwiegende Teil des originalen LEGO Sets 31088 Bewohner der Tiefsee auch noch unverändert übernommen wurde. Rechtlich kann ich aber leider keine Einschätzung geben inwieweit das noch legal ist – Modelle ungefragt (ob original oder von einem unabhängigen Baumeister) zu kopieren, produzieren und zu verkaufen. Persönlich finde ich diesen Vorgang jedoch verwerflich und definitiv nicht unterstützenswert.
Bis hierhin vermutlich nichts Neues: In der Vergangenheit haben chinesische Marken regelmäßig Sets und Entwürfe kopiert. Jedoch werden eben genau solche Sets auch von deutschen Händlern hierzulande verkauft. Selbstverständlich kann man als Händler bei der unendlichen Anzahl an MOCs kaum überblicken, ob die Ideen Geklaute oder Eigene sind. In dem Fall der von DeCool verkauften Sets, die von Keep On Bricking entworfen wurden, verkauft ein deutscher Händler weiterhin diese Sets, obwohl dieser bereits darüber in Kenntnis gesetzt wurde (siehe weiter unten), dass es sich um geklautes geistiges Eigentum handelt.
Interview mit Keep On Bricking
Aus diesem Anlass habe ich mit Peteris von Keep On Bricking geschrieben und ihm einige Fragen gestellt, wie er zu diesen und anderen MOC-Kopien steht (aus dem Englischen übersetzt).
Wann hast du damit begonnen, alternative Modelle für LEGO-Sets zu kreieren?
Ich habe genau in dem Moment mit dem Bau alternativer Modelle begonnen, als 2010 meine Dark Ages endeten. Ich hatte meine gesamte Kindheits- und Jugendjahressammlung (die ohnehin nur fünf kleine Sets umfasste) an Kinder von Verwandten verschenkt, so dass ich zu Hause keine LEGO-Steine mehr hatte. Ich fand dann auf Flickr zufällig Dinge, die AFOLs bauten, und war von den Autodesigns, die die Leute erbauten, sehr angetan, so dass ich sofort wieder versuchen wollte, mit LEGO zu bauen. Ich ging in einen örtlichen Spielzeugladen und kaufte den das Creator-Set 6743. Eine Zeit lang waren das die einzigen Steine, die ich hatte, so dass ich nur noch alternative Modelle bauen konnte.
Wie hast du von den chinesischen DeCool-Kopien erfahren?
Ich habe mich über die DeCool-Produkte bei AliExpress informiert. Ich bin neugierig auf die Dinge, die die anderen Marken entwerfen. Und AliExpress ist der Ort, an dem all diese Designs zum Verkauf angeboten werden. Ich bin nicht dagegen, dass andere Noppenstein-Marken ihre eigenen Designs herstellen, aber die Sache ist die, dass sie es auf legale Weise tun müssen. Ich habe herausgefunden, dass BlueBrixx in Deutschland DeCool-Produkte auf YouTube beworben hatte. Ihre Mitarbeiter besprachen dort die Mini Pull-Back-Serie von DeCool, die einige gestohlene Ideen des talentierten LATLUG-Bauers DeMarco enthält. Nachdem ich das Video gesehen hatte, besuchte ich die BlueBrixx-Website und sah, dass dort weitere DeCool-Produkte zum Verkauf angeboten werden.
Wie hast du dich dabei gefühlt, als du deine Entwürfe entdeckt hast?
Es fühlt sich beschissen an, wenn man erkennt, dass man nicht viel Macht hat, um etwas dagegen zu tun. Die Firma LEGO hat eine Armee von Anwälten, diese Typen zu verfolgen und gewinnen damit und stoppen dann diese – auch wenn dies lange dauert. AFOL-Designer haben nicht diese Möglichkeiten dazu. Das Einzige, was man tun kann, ist, die Leute über solche Fälle zu informieren. (Anmerkung der Redaktion: Pflicht erfüllt!)
Du hast eine E-Mail an BlueBrixx geschrieben, die diese DeCool-Sets verkaufen. Hat BlueBrixx bereits geantwortet?
Ja, BlueBrixx hat auf meine E-Mail geantwortet und hat mir vorgeschlagen, DeCool selbst zu kontaktieren und mit ihnen über dieses Thema zu sprechen. Sie haben nicht erwähnt, dass sie ihre Produkte vom Verkauf auf ihrer Website zurückziehen wollen.
Wirst du in Zukunft weiterhin alternative Modelle bauen wie zuvor auch?
Ich werde weitermachen, alternative Modelle bauen und diese auf Instagram und Rebrickable veröffentlichen.
LEGO und DeCool im direkten Vergleich
Links: Original LEGO + Anleitung von „Keep On Bricking“
Da es sich um die gestohlenen Entwürfe um Umbauten vorhandener LEGO-Sets handelt, kann man diese sehr direkt vergleichen. Um die Anleitungen und Bauweisen beider Sets zu vergleichen, habe ich mir eines der DeCool-Sets organisiert und ebenso die Anleitungen von Keep On Bricking auf Rebrickable gekauft. Und natürlich zum Vergleich auch nochmal das originale LEGO Creator-Set 31089 Rennwagen gekauft, auf dessen Inhalt die Anleitungen von Keep On Bricking basieren. Daher sprechen wir von auch „Rebrickable“.
Zum Vergleich habe ich das Go-Kart von Keep On Bricking nachgebaut – ein Mal nach seiner Anleitung mit den originalen LEGO-Steinen und ein Mal das entsprechende Pendant aus China mit der gedruckten Anleitung. Alleine die Verpackungen wirken sehr ähnlich: Gelber Rahmen und ein Logo ähnlich der LEGO-Farben (jedoch mit anderen Gewichtsanteilen). Das LEGO-Set wirbt natürlich mit seinen eigenen drei Modellen, wovon beim DeCool-Set keines zu sehen ist. Denn das DeCool-Set wirbt mit gleich zehn Modellen, die man aus diesem Set erschaffen könnte. Eben genau diese zehn, dessen Anleitungen man auf Rebrickable von Keep On Bricking erwerben kann.
Das Set hat mich neugierig gemacht, weil mich wirklich interessiert hat, wie viel vom Creator Set 31089 und von den zehn Alternativ-Modellen von Keep on Bricking enthalten ist. Daher ist der Vergleich der beiden Inventare auch höchst interessant: Beide Sets werben mit ähnlicher Steine-Anzahl (223 bei LEGO, „222+“ bei DeCool). Beim Öffnen beider Sets gibt es jeweils drei Teile-Tüten – nur bei LEGO sind die langen 1×16-Technic-Steine außerhalb der Tüten vorzufinden. Bei größeren Steinen oder Platten ist dies nicht unüblich in LEGO-Sets. Die Steine in den Tüten sind aber unterschiedlich aufgeteilt.
Inventare im Vergleich: Oben: DeCool, unten: LEGO Creator
Beim genauen Sortieren fällt auf, dass im Gegensatz zum LEGO-Set drei Platten in Orange fehlen und dafür einige andere Steine (wie beispielsweise 1x2x2 Panele in Schwarz) zusätzlich dem Set beiliegen. Dieser Umstand lässt hoffen, dass DeCool die Modelle aus dem Set nur Äußerlich den Entwürfen von „Keep on Bricking“ nachempfunden ist. Die Anleitung aus dem DeCool-Set ist wirklich sehr kompakt und enthält nur drei der zehn genannten Modelle. Die Anleitungen der anderen sieben Modelle erhält man via QR-Code aus dem Internet.
Beim Aufbau des Go-Karts stolpert man schnell über das erste Hindernis: Beim DeCool-Bausatz fehlen die eben erwähnten orange-farbigen 1×3-Platten. Diese Steine kann man an nicht sichtbaren Stellen auslassen. Da aber alle sechs dieser Steine laut DeCool-Anleitung Verwendung finden, fühlt sich das jedoch sehr lückenhaft an.
Links: Die Anleitung von Keep On Bricking, Rechts: Ein Ausschnitt der gedruckten Anleitung von DeCool
Beim Vergleich beider Anleitungen für das Go-Kart fällt auf, dass die Schritte nicht 1:1 entnommen sind und die Steine in anderer Reihenfolge angebracht werden. Das Endergebnis ist jedoch identisch zwischen den Modellen von Keep On Bricking und dem DeCool-Set. Auch die nicht sichtbaren Details gleichen sich, was einen Nachbau an Hand von Bildern meiner Meinung nach ausschließt: Die Anleitung wurde schlichtweg in weiten Teilen kopiert. Das quasi identsiche Endergebnis kann sich somit bei beiden Modellen sehen lassen: Peteris hat sich hier ein sehr schönes Modell mit Hilfe der Steinen eines bereits vorhandenen LEGO Creator-Sets ausgedacht.
Die anderen sieben Alternativ-Modelle
Beim DeCool-Set sind die ersten drei Modelle beziehungsweise Designs allesamt in einer Anleitung abgedruckt, die wie beim Go-Kart eine leicht andere Reihenfolge berücksichtigen. Auf der letzten Seite der Anleitung gibt es einen QR-Code zum Einscannen, um die Anleitungen der sieben Modelle abzurufen. Hier staunte ich nicht schlecht, denn DeCool hat sich gar keine Mühe gegeben, etwas zu verändern und die Bauschritte von Keep On Bricking unverändert verwendet. Die Anleitungen gleichen sich mit Ausnahme der jeweils ersten Seite bis ins kleinste Detail. Das geht meiner Meinung nach gar nicht und stellt für mich eine Urheberrechtsverletzung dar.
Links: Seiten 1 & 38 von „Keep On Bricking“. Rechts: Seiten 1 & 38 von den DeCool-Download-Anleitungen
Immer noch im Verkauf
Vor einigen Wochen habe ich BlueBrixx auf die Thematik angesprochen. In einer Antwort hieß es unter Anderem: „Aber du hast weiter recht, wir müssen besser aufpassen!“ Ein Blick auf die Webseite verrät jedoch, dass alle DeCool-Produkte noch gelistet sind.
Screenshot vom 23.01.2020 bei BlueBrixx – Aber heute immer noch im Verkauf
Fazit
Meine ganz persönliche Meinung (jeder sollte sich seine eigene Meinung bilden): Auch als LEGO-Fan finde ich es völlig in Ordnung, dass alternative Klemmbausteine verkauft werden dürfen, solange dabei keine Entwürfe ohne Einverständnis kopiert werden! Besonders wenn die Urheber mit den Anleitungen ein wenig Geld verdienen. Im Falle von DeCool finde ich, dass man die Marke als Ganzes nicht unterstützen sollte, weil sie dreiste Nachahmungen beziehungsweise Kopien begünstigen. Händler alternativer Klemmbausteine wie BlueBrixx sollten solche Marken umgehend aus dem Sortiment verbannen, sobald sie davon Wind bekommen. Wenn Erschaffer von MOCs mit der Produktion einverstanden sind, spricht für mich jedoch nichts dagegen und es gibt dadurch einigen Klemmbaustein-Fans sogar eine echte Chance. Ich persönlich werde aber immer bei den Original LEGO-Steinen bleiben.
Hinweise: Für diesen Artikel haben wir kein Geld oder Produkte der betroffenen Parteien umsonst erhalten. Für den direkten Vergleich wurden alle Teile von mir selbst gekauft. Auch rechtlich kann ich keine verbindliche Einschätzung geben, inwieweit diese Art von Kopien legal sind. Die angeführten Beispiele sind Einzelfälle. Es könnten unter Umständen noch weitere Urheber, Marken oder Händler betroffen sein. Sollte dem so sein, kontaktiert uns bitte. Wir scheuen zu keinem Zeitpunkt davor zurück, Baumeister zu unterstützen! Wie steht ihr zu MOC-Kopien aus Fernost? Bitte äußert euch sachlich und themenbezogen in den Kommentaren. Vielen Dank!
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