Ruedi Maeder (mae)
25. Juni 2021
Märkte & KundenFinTechBankenZahlungsverkehr
Warum das FinTech mit seiner Shopping- und Bezahl-App auch in der Schweiz für Unruhe sorgen und deutliche Spuren hinterlassen wird.
Das schwedische FinTech Klarna haben wir bereits seit Jahren auf unserem Beobachtungs-Radar, deshalb berichten wir regelmässig über aktuelle Entwicklungen und neu gesetzte Meilensteine.
Unsere erhöhte redaktionelle Neugier hängt weniger mit den bemerkenswerten Finanzierungsrunden der letzten Monate zusammen, vielmehr mit dem intelligenten Geschäftsmodell – und vor allem auch mit dem Tempo, das Klarna bei der internationalen Durchsetzung seines Geschäftsmodells vorlegt.
Was genau das Klarna-Modell auszeichnet und warum das FinTech schnell und erfolgreich wächst und expandiert, haben wir schon mehrmals skizziert, aktuell zum Beispiel hier und hier – damals schon verbunden mit der konkreten Empfehlung an alle Finanzdienstleister, die weiteren Schritte des schwedischen FinTechs eher genau zu verfolgen. Warum? Hier wildert ein FinTech ganz gehörig in den angestammten Territorien der klassischen Banken – und auch auf den Feldern der Neo-Banken.
Diese Wilderei ist allerdings nicht auf den ersten Blick sichtbar – Klarna baut in gewisser Weise ein gut durchdachtes Puzzle. Ist es fertig und greifen alle Einzelteile nahtlos ineinander, könnten verschiedene Auswirkungen eher schnell und deutlicher spürbar werden.
Der aktuellste Schritt des FinTechs betrifft den Markt Schweiz.
Klarna rollt seine App in der Schweiz aus und bringt frischen Wind in den Markt
Die Medienmitteilung zum Thema liest sich schlicht und sachlich. Spricht man mit Klarna-Leuten, mischt sich sehr viel Vorfreude auf einen hochinteressanten Markt dazu. Ein Markt, der für das Geschäftsmodell von Klarna zahlreiche Flanken offenhält.
Das hängt unter anderem damit zusammen, dass Finanzdienstleister hierzulande wohl Privatkunden und auch Händler bedienen, zwischen diesen beiden Gruppen jedoch selten bis gar nicht tragfähige Brücken bauen. Eine Lücke, die Klarna markant ausfüllen wird. Das Bauen dieser Brücken gehört mit zur Kerndisziplin von Klarna. Und es ist nicht die einzige Disziplin, mit der sich das FinTech für Konsumenten und für Händler attraktiv und nahezu unentbehrlich macht.
Mit den Bezahl-Services ist Klarna in der Schweiz bereits seit längerem aktiv, nun kommt die App dazu. App-Nutzer profitieren von Shopping-Angeboten und Shopping-Erlebnissen, smarten Zahlungs-Services, sofort, später oder in Raten, und generell von einer App, die in Sachen Komfort ganz vorne mitspielt.
Händler, in Europa zum Beispiel H&M, Spotify, Media Markt, Expedia, Adidas, Deutsche Bahn und weitere, werden laufend mit zusätzlichen Kunden (Nutzer der App) zusammengebracht, generieren Mehrumsätze und profitieren von zahlreichen Funktionen und Services, die Händler eben einfach mögen.
Dazu kommt, dass Klarna als lizenzierte Bank einer Kunden-Testgruppe in Deutschland bereits Konto, Karte und Banking-Services anbietet – und auch weiss, wie man Banking und Shopping-App sinnvoll verbindet. Das geht am einfachsten, indem man in eine stark genutzte Shopping-App eine komplette digitale Bank integriert. So brauchen Millionen von Kunden das Haus (die App) nicht zu verlassen, wenn sie auch grad noch ihre Bankgeschäfte erledigen wollen.
Wie viel und welche Art von Kundenähe diese brisante Verbindung schafft, liegt auf der Hand. Vor allem dann, wenn die Bank zusätzliche Leistungen anbieten wird, die mit Shopping und Geldausgeben viel zu tun haben. Bei einem aggressiven FinTech wie Klarna bleibt es müssig zu erwähnen, dass die Integration der Bank nicht als Nebenleistung oder als Zweitkonto dazu gesehen wird, Klarna will zur Hauptbank und zum Erstkonto für seine Kundinnen und Kunden werden.
Und noch ein Puzzle-Stein dazu: Weil das FinTech bereits seit den Anfängen im Bereich Open Banking und Open Finance mitspielt, ist Klarna mit eigenen Lösungen in dieser Sparte sehr aktiv unterwegs. Auch aus dieser Richtung dürften im Laufe der Zeit Überraschungen kommen
Nicht nur frischer Wind, auch selbst mit grossem Segel unterwegs
Von einem FinTech mit weltweit 90 Millionen aktiven Kunden, 250'000 aktiven Händlern und einem atemberaubenden Wachstum, ist auch im Markt Schweiz einiges zu erwarten.
Das notwendige Kapital ist vorhanden, Klarna hat allein in den letzten vier Monaten 1,639 Milliarden US-Dollar an Investorengeldern eingesammelt. An den finanziellen Möglichkeiten wird es folglich nicht scheitern, neue Bewegung in den Schweizer Markt zu bringen, die deutlich über ein laues Lüftchen hinausgehen dürfte. Eine Kennziffer am Rande: Seit der Juni-Finanzierung ist das Unicorn mit einer Bewertung von 45,6 Milliarden US-Dollar etikettiert.
Mit welcher Philosophie das FinTech neue und bestehende Märkte beackert, erklärt sich durch die von Klarna selbst formulierte Erfolgsformel:
"Klarna ermöglicht es Verbraucherinnen und Verbrauchern auf intelligente Art und Weise einzukaufen, zu bezahlen und ihre Bankgeschäfte zu erledigen, indem sich das Unternehmen an die jeweiligen Kundenbedürfnisse anpasst – fernab der Geschäftsmodelle traditioneller Zahlungsdienstleister und Banken. Auf diese Weise kommt es zu einer strukturellen Verschiebung der Nachfrage von Verbrauchern weg von herkömmlichen Kreditlinien, bei denen Zinsen oder Gebühren anfallen, hin zu Debitkarten sowie der zunehmenden Nachfrage nach einem verbesserten Einkaufserlebnis. Klarnas Services knüpfen genau hier an: Eine fairere, transparentere und bequemere Alternative, die Verbraucherinnen und Verbrauchern die volle Kontrolle gibt, eng auf die sich wandelnden globalen Nutzerbedürfnisse abgestimmt ist und so das globale Wachstum vorantreibt."
Und jetzt noch die schlichten Fakten zum Start in der Schweiz
Mit dem Start der Shopping-App in der Schweiz will Klarna nach eigenen Aussagen den Wandel des Mobile-Shoppings weiter vorantreiben. Und damit für alle Nutzerinnen und Nutzer ein verbessertes Einkaufserlebnis schaffen – als Antwort auf die sich wandelnden Bedürfnisse von Konsumenten, die zunehmend mehr Flexibilität, Bequemlichkeit und Kontrolle beim Online-Shopping suchen.
Die angekündigten Funktionen im Überblick:
Auf der Startseite der App können Nutzer ihre Suche im Browser beginnen und von hier aus auf all ihre Lieblingsshops zugreifen.
In der Klarna-App gefundene Artikel lassen sich in persönlichen Collections speichern, um so automatisch via Push-Benachrichtigung über Preissenkungen und Rabattaktionen informiert zu werden.
Das individualisierte Shopping-Dashboard gibt Nutzern einen Überblick über ihre bisher mit Klarna gekauften Artikel und ihre bisherigen Ausgaben.
Dank des kürzlich gelaunchten CO2-Trackers ist der individuelle CO2-Fussabdruck der eigenen Einkäufe in der App einsehbar, wodurch ein besserer Einblick in das eigene Konsumverhalten ermöglicht wird.
Zudem, verspricht Klarna, sollen in den kommenden Monaten weitere App-Funktionen eingeführt werden. Ausgehend von der Inspiration und Produktsuche sollen dann alle Einkäufe direkt in der Klarna-App getätigt werden können. Ebenso soll das gesamte Retourenmanagement komfortabel in der App abgewickelt werden können, von der Rücksendung über die Reklamationen bis hin zu Rückerstattungen. Zusätzlichen Komfort will das FinTech durch Funktionen schaffen, über die Nutzerinnen und Nutzer ihre eigenen Finanzen in der App verwalten können.