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Ohne Dingz kein Licht? Der smarte Wandschalter im Test
Raphael Knecht
Zürich, am 14.05.2020
Das Startup iolo AG will mit seinem Wandschalter Dingz den Smarthome-Markt revolutionieren. Mit dem cleveren Taster sollen Dimmen, Hoch- und Runterfahren von Rollläden oder die Lichtsteuerung per Bewegungsmelder möglich sein – theoretisch. Ob's auch in der Praxis klappt?
Smarte Lichtschalter gibt's viele. Das weiss ich spätestens seit meiner Review zum Feller EDIZIOdue Smart Light Control für meine Philips Hue Küchenbeleuchtung. Iolo AG will mit seinen Wandschaltern Dingz nun ein neues Level erreichen: Damit soll ich nicht nur das Licht ein- und ausschalten können. Auch das Dimmen von Lampen, das Einschalten des Lichts via integriertem Bewegungsmelder und die Rollladensteuerung sollen über Dingz steuerbar sein. Mittels App sollen selbst der Google Assistant oder Alexa, myStrom-Produkte und andere Smarthome-Geräte verknüpft werden können. Das klingt nach ganz schön viel Verantwortung für einen Wandschalter. Ich will wissen, ob ich mit dem Dingz meine vier Wände noch smarter machen kann und baue den Schalter in mein Smarthome-Universum ein.
Lichtschalter + Steckdose
267.–
Dingz WLAN-Schalter-Set mit Bewegungsmelder (Base + Front)
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Zwei Schachteln, zwei Produkte und zwei Anleitungen
Damit der Schalter funktioniert, braucht es eine Basisstation. Diese muss ich zuerst installieren. Dort schliesse ich dann entweder die Dingz front oder die Dingz front plus an. Der Unterschied zwischen den beiden Fronten ist der zusätzliche Bewegungsmelder der front plus. Die Dingz-Fronten sind speziell für die in der Schweiz üblichen EDIZIOdue-Schalterkombinationen von Feller gemacht – sie passen ohne Aufsätze, weiteres Zubehör oder manuelle Anpassungen. In den kleinen Kartonboxen befindet sich jeweils nur die Basis beziehungsweise die Front und eine Bedienungsanleitung. Die ist kurz und knapp gehalten – für mein verhältnismässig tiefes Elektrikerniveau ist das zu wenig. Ich werde es aber dennoch probieren, da ich für den Test direkten Support von der iolo AG bekomme. Ausserdem sind auf der Dingz-Webseite detaillierte Anleitungen zur Inbetriebnahme und allem Weiteren zu finden. Ganz wichtig: Ich rate dir, die Installation von fachkundigem Personal durchführen zu lassen, falls du unsicher bist.
Pro Basis lassen sich maximal vier Lampen oder zwei Storen anschliessen. Du wählst mit dem DIP-Schalter an der Basisstation, ob das angeschlossene Gerät eine Lampe oder ein Rollladen ist. Auch die Kombination von einem Rollladen und zwei Lampen ist möglich. Selbst ein Thermostat kann angeschlossen werden. In der Mitte haben sowohl die front als auch die front plus eine LED-Leiste. Bei der front plus unterbricht ein zusätzlicher Bewegungsmelder diese Leiste – keine Angst, das ist Absicht, die LED leuchtet genauso wie bei der normalen Front. Der erste Anschluss auf der Rückseite dient bei beiden Fronten auch als Eingang für externe Taster oder Bewegungsmelder, was die Einsatzmöglichkeiten zusätzlich erweitert. Mit der Dingz App kannst du ausserdem unzählige weitere Geräte mit dem Schalter pairen. Von kompatiblen Sprachassistenten über smarte Thermostaten bis hin zu intelligenten Leuchten – dem Dingz sind keine Grenzen gesetzt.
Elektrisierend: Schnell und einfach installiert
Ich will wissen, ob das, was auf dem Papier cool und easy klingt, auch funktioniert. Also mache ich mich an die Installation. Die Bedienungsanleitung gibt wenig her. Ich soll darauf achten, dass alle Verbraucher, die ich am Schalter anschliesse, über denselben Stromkreis laufen. Sonst haut es die Sicherung raus. Ausserdem ist ein Betrieb ohne Neutralleiter nicht möglich. Es wird auch erwähnt, dass die Installation der Basis von fachkundigem Personal erledigt werden soll – was ich unterstreichen möchte. Defekte, Brände und Stromschläge können die Folgen sein... und das willst du nicht. Mein Kontakt bei der iolo AG hat mir im Detail erklärt, worauf ich achten muss. Da in meiner Wohnung die Anschlüsse und der Lichtschalter, den ich ersetzen möchte, deutlich beschriftet sind, fühle ich mich fähig und wage die Installation.
Ich schalte den Strom im Reduit ab – dort möchte ich den Wandschalter mit Bewegungsmelder installieren. Die bestehende Steckdose habe ich schnell entfernt. Sicherheitshalber mache ich ein Foto, damit ich beim Zurückbauen weiss, welches Kabel wohin gehört. Für die Dingz base brauche ich den Neutralleiter, die Phase sowie den Anschluss, der das Licht ein- und ausschaltet. Ich stecke die Kabel in die dafür vorgesehenen Löcher der Dingz base. Die Basis schraube ich am Metallrahmen fest, hinter dem auch die Einheiten für den Ventilator und die Steckdose sitzen – in meinem Reduit ist eine Dreierkombination installiert. Bevor ich alles wieder hinter die Abdeckung packe und verschraube, schalte ich den Strom an und teste, ob alles funktioniert. Die LED leuchtet blau, wie sie gemäss Anleitung sollte.
Ich gehe einen Testschritt weiter und stecke die Dingz front auf die Basis, um zu sehen, ob auch die läuft. Aber es passiert nichts – kein Leuchten, keine Reaktion auf den Tastendruck und kein Erscheinen des smarten Schalters im WiFi. Bis jetzt hat alles reibungslos geklappt und dann das. Enttäuscht will ich aufgeben, den Strom abschalten und die ursprünglichen Schalter wieder einbauen. Da kommt mir in den Sinn: «Have you tried turning it off and on again?» Ich schalte den Strom ab und – dieses Mal mit der bereits installierten Dingz front – wieder an... und die LED beginnt zu blinken. Ich habe also doch alles richtig gemacht. Allerdings wäre es hilfreich, wenn die Anleitung sagen würde, dass die Front installiert sein muss, bevor der Strom wieder eingestellt wird. Ich glaube aber, dass der clevere Nutzer diesen Schritt auch selbst herausfindet.
Ein Kinderspiel für Licht, Sonos und Philips Hue
Nun öffne ich die Dingz App auf meinem iPhone – das Ganze ist auch für Android erhältlich – und versuche, den smarten Wandschalter hinzuzufügen. Hierfür muss ich den Schalter in den Pairing-Modus versetzen. Einmal die zwei rechten Tasten zwei und vier für fünf Sekunden gedrückt halten und die LED blinkt orange. Ich folge den Anweisungen der App und schon ist der Dingz-Schalter auf meinem Screen zu sehen. Zur Sicherheit teste ich, ob der Schalter auch als «normaler» Lichtschalter funktioniert – das tut er. Bei der front plus läuft übrigens alles identisch ab. Die Inbetriebnahme und Konfiguration kann auch übers Webinterface gemacht werden. Ich bevorzuge jedoch die App, die ist übersichtlicher und schneller.
Es geht ans Eingemachte: Ich will möglichst viel aus dem Dingz rauskitzeln. Der Lichtschalter funktioniert. Das ist nichts Weltbewegendes, denn das hat er vorher schon, in der Standardausführung. Ich könnte auch weitere Lampen anschliessen, hätte ich im Reduit nicht nur eine Lampe. Auch das kann ein gewöhnlicher Mehrfachschalter. Neu ist hingegen der Bewegungsmelder der Dingz front plus. Der funktioniert tadellos. Ausserdem kann ich angeben, wie lange das Licht nach Aktivierung des Sensors brennen soll. Es gibt auch eine Nachtlichtfunktion. Dort wähle ich einen Zeitraum, in welchem die Lampe mit gedimmter Helligkeit brennen soll. Voraussetzung für die Dimmfunktionen ist eine Lampe, die sich dimmen lässt.
Die App sagt mir, dass ich auch meine Sonos Speaker und die Philips-Hue-Lichter mit dem smarten Wandschalter steuern kann. Natürlich nicht mit dem vollen Funktionsumfang, aber es ist mehr möglich, als ich gedacht hätte. Die Dingz front plus – wie auch die normale Front – bietet drei Möglichkeiten, die Tasten zu bedienen. Einmal kurz, zweimal kurz nacheinandern oder zwei Sekunden lang den Knopf drücken. Binde ich mein Sonos ein, heisst das: Ich spiele mit einem kurzen Tastendruck Musik ab. Vorher muss ich in der App festlegen, welche Speaker-Gruppe angesteuert werden soll. Zweimaliges kurzes Drücken pausiert die Wiedergabe und wenn ich lange auf der Taste bleibe, dann ertönt der nächste Song. Wenn ich ehrlich bin, ist das etwas weit hergeholt: Wieso will ich aus dem Reduit meinen Sonos Speaker steuern? Wenn ich aber noch etwas ehrlicher bin, muss ich sagen: Ich find's geil, dass ich es kann.
Bis zur Unendlichkeit und noch viel weiter
Etwas sinnvoller als die Sonos-Steuerung ist die Philips-Hue-Kompatibilität. Ich habe einen LED-Streifen von Philips hinter dem Fernseher und eine Hue Play in der Küche. Mit dem Dingz schalte ich diese Lichter mit einmaligem Drücken ein und mit zweimaligem Drücken wieder aus. Wenn ich zwei Sekunden auf der Taste bleibe, dann dimme ich die Helligkeit um 50 Prozent. All diese Befehle – wie übrigens auch beim Sonos-Beispiel – kann ich in der App beliebig konfigurieren. Das macht den smarten Wandschalter noch interessanter, als er ohnehin schon ist. Es ist fast alles nach eigenen Wünschen einstellbar. Zwei praktische Features, die ich erst jetzt entdecke: Die App zeigt mir an, wie viel Strom die Lampe verbraucht, die ich mit dem Schalter steuere. Zudem ist ein Temperatursensor integriert, der mir – ebenfalls via App – angibt, wie warm es im Reduit ist.
Der nächste Schritt ist die Rollladensteuerung. Weil ich im Reduit keine Storen habe und mir die Dingz front plus mit dem Bewegungsmelder dort gefällt, baue ich die normale Dingz front im Büro ein. Dort will ich nebst dem Licht auch die Rollläden steuern. Um die Dingz base als Rollladensteuerung zu nutzen, muss ich einen der beiden DIP-Schalter nach links umlegen. Den Lichtschalter schliesse ich so an, wie ich es bereits bei der Dingz front plus im Reduit gemacht habe. Beim Rollladen muss ich ein zusätzliches Kabel anschliessen, da dieser sowohl einen Eingang für das Hochfahren wie auch für das Herunterfahren hat. Auch hier geht das Ganze schnell: Strom abschalten, Kabel umhängen, Dingz base festschrauben, Dingz front aufsetzen und Strom einschalten. Ich lerne aus meinem Fehler beim ersten Mal und schalte den Strom nach dem Test der Dingz base nochmals aus, bevor ich die Front montiere. Es klappt alles wie am Schnürchen und die Rollladensteuerung ist einsatzbereit.
Ab sofort fahre ich mit den oberen beiden Tasten den Rollladen im Büro hoch und runter. Das Ganze lässt sich selbstverständlich auch über die App steuern und programmieren. Ich kann einstellen, dass die Storen zu einem bestimmten Zeitpunkt runter- und dann später wieder hochfahren. Im Vergleich zur Homematic-IP-Installation passt der Schalter ohne Aufsatz in die bestehende Installation. Das gefällt mir. Via MyStrom App und dem entsprechenden Zwischenstecker steuere ich via Dingz front eine zweite Lampe, die in der Büroecke steht. Die MyStrom App verbinde ich zusätzlich mit meinem Google Assistant und habe so auch in der Dingz App darauf Zugriff: Über meinen Google Home öffne ich nun die Storen im Büro, schalte das Licht ein oder aus, dimme meine Philips-Hue-Lichter oder lasse Musik über meine Sonos Speaker wiedergeben.
Fazit: ein Schalter für alle Fälle
Wow! Ich bin begeistert: Das kleine Dingz kann alles. Die smarten Wandschalter – egal, ob front oder front plus – haben meine vier Wände innert kürzester Zeit smarter gemacht. In wenigen Schritten ist die Dingz base angeschlossen, die Front montiert und das Ganze in der App aufgeschaltet. Nach ein bis zwei Stunden habe ich es geschafft, dass ich mit nur zwei Schaltern beinahe alle vernetzten Geräte in meinem Zuhause steuere. Ob es sinnvoll ist, Sonos Speaker aus dem Reduit zu kontrollieren? Oder ob ich mit meinem Google Home je die Rollläden im Büro hochfahren werde? Das spielt keine Rolle. Denn was für mich wirklich zählt, ist, dass ich es dank den cleveren Dingz-Schaltern könnte.
Lichtschalter + Steckdose
229.–
Dingz WLAN-Schalter-Set
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Die Dingz Wandschalter ist für all jene, die ihr Zuhause bis in den letzten Winkel smart machen möchten. Wenn du über deine Taster an der Wand nicht nur das Licht, sondern auch die Heizung, Musik, Rollläden und weitere Beleuchtungen steuern willst, dann sind die Dingz-Produkte das, was du brauchst. Clevere Bewegungsmelder, dimmende Nachtlichter und Thermometer in einem – wo gibt's das sonst noch? Dass das Ganze nicht gratis ist, ist klar. Ich bin aber sofort bereit, 200 Franken oder mehr für ein Smarthome-Produkt auszugeben, das so unkompliziert installiert ist und praktisch alles steuert. Die smarten Dingz-Taster – übrigens ein Schweizer Produkt – sind ein Muss für jeden Heimautomatisierer und eine klare Kaufempfehlung!
Ob es Smarthome-Produkte anderer Anbieter gibt, die so einfach einzubauen sind und so viel bieten? Vielleicht sogar zu einem besseren Preis? Ich will es wissen und mache mich auf die Suche. Wenn du mich dabei begleiten und weitere Smarthome-Artikel nicht verpassen möchtest, dann folge mir mit einem Klick auf den «Autor folgen»-Button beim Autorenprofil.