Vor mehr als 40 Jahren ist Stephan Eicher angetreten, der Schweizer Popmusik seinen Stempel aufzudrücken. Als Mitstreiter bei der Neue-Deutsche-Welle-Band Grauzone, dann solo als Noise Boy oder mit den «Les Filles du Limmatquai». Später eroberte er die französischen Charts und die Bühne des Pariser Olympia.
Ganz festmachen auf seine Rolle als romantisierender Chansonnier liess er sich trotzdem nie: Mit jedem Werk hat sich Stephan Eicher als Künstler neu erfunden. Nun erhält er den Schweizer Grand Prix Musik 2021. Wer ist der Mann aus Münchenbuchsee? Stationen aus Eichers Karriere.
1973: Musizieren in Münchenbuchsee
Stephan Eicher wächst in einem Reihenhaus in Münchenbuchsee auf. Der Grossvater ist Violinist, der Vater Gottlieb spielt in einer Tanzkapelle. Mit 12 bringt sich Eicher selber Gitarre, Geige und Klavierspiel bei. Irgendwann erfährt der junge Stephan von seinen jenischen Vorfahren. Das liefert ihm eine Erklärung, weshalb in der Familie regelmässig am Sonntag musiziert wird und warum der Keller so vollgepackt ist mit Instrumenten.
1980: Zirpen für den «Eisbär»
In den Sunrise Studios in Kirchberg begleitet Stephan Eicher seinen Bruder Martin, den Sänger der Band Grauzone. Die zwei fühlen sich wie im Spielzeugladen, mit all den Gerätschaften, mit denen sie da rumspielen können. Es braucht trotzdem Schweiss und Nerven, bis «Eisbär» im Kasten ist. Der Track wird zum Soundtrack zu den Zürcher Jugendunruhen. Ein post-punkiges Disco-Stück für die Anti-Disco-Kids
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Aus dem Archiv: Stephan Eicher singt «Komm zurück» («Karussel», Februar, 1983)
Aus Kultur Extras vom 20.09.2017.
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1983: Liebeskummer am Limmatquai
Nach dem Ende von Grauzone ist Stephan Eicher solo unterwegs. 1983 schreibt er seinen Hit «Les Filles du Limmatquai». Den Song hat er aus Liebeskummer geschrieben: Als seine Freundin nach Paris zieht, um Schneiderin zu werden, bittet er einen Freund, sich um sie zu kümmern. Prompt verliebt sie sich aber in diesen und Stephan Eicher denkt sich: dieses Franzosenpack!
1992: Sich enthemmen in Paris
Als Stephan Eicher in Paris im altehrwürdigen Konzertsaal Olympia steht, spielt er seine Version von Mani Matters «Hemmige» und vergisst prompt den Text. Da überraschen ihn die Pariserinnen und Pariser, als sie das Bärndütsche selber anstimmen und mitsingen: «Hemmische ei». Fast wäre die Coverversion nicht auf Eichers Hitalbum «Engelberg» gelandet: Als die Musiker es ein Jahr zuvor im Obwaldner Hotel Hess einspielen, wirkte es erst zu klein, zu handgestrickt.
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10.09.2021
Mit Video
2003: Spazieren durch Europa
Eicher unternimmt ein europäisches Experiment. Mit dem Taxi reist er von Hamburg nach Palermo und spürt dem Wesen seines Heimatkontinents nach. Der Taxometer, so der Plan, soll dabei munter mitrattern. Wenn er bei 9999.- Euro steht, soll er umkippen und wieder bei Null anfangen. Aber der Taxifahrer versteht diesen Witz nicht. Darum kauft ihm Eicher das Taxi gleich ab. So entsteht sein Album «Taxi Europa».
2020: Die Welt nicht verstehen
Im KKL Luzern lässt Stephan Eicher mit einer grossen Bühnenshow die letzten 40 Jahre Revue passieren liessen. Popsängerin Sophie Hunger singt herzzerreissend schön, die Trommelkombo Traktorkestar macht Dampf, Tinu Heiniger, der Berner Mundartmusiker, gibt sein «Lied vo de Bärge» zum Besten, Martin Suter liest aus dem gemeinsam «Song Book» vor. Und irgendwann resümierte Eicher: «Ich verstehe die Welt nicht.»
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Stephan Eicher – das Jubiläumskonzert 2020 aus dem KKL
Aus Sternstunde Musik vom 15.08.2020.
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